Ausbildungskosten: Bei illegaler Klausel gar kein Rückersatz

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Damit der getätigte Aufwand dem Arbeitgeber auch langfristig zugute kommt, wird der Arbeitnehmer im Vertrag oft verpflichtet, sich für eine gewisse Zeit an das Unternehmen zu binden. Die Ausbildungskosten darf der Arbeitgeber aber nur aliquot zurückfordern.

GRAZ. Der Rückersatz von Ausbildungskosten, der lange gesetzlich nicht geregelt war, sondern dessen Zulässigkeitsgrenzen von Judikatur und Lehre abgesteckt wurden, wurde 2006 ins Arbeitsvertragsrechtsanpassungsgesetz (AVRAG) eingefügt. Neben der Schriftlichkeit der Vereinbarung, dem Verbot der Vereinbarung mit Minderjährigen und der Festlegung einer Bindungshöchstdauer sieht das Gesetz eine Klausel als unzulässig an, „wenn die Höhe der Rückerstattungsverpflichtung nicht aliquot, berechnet vom Zeitpunkt der Beendigung der Ausbildung bis zum Ende der zulässigen Bindungsdauer, vereinbart wird“ (§2d Abs. 3 Zif. 3 AVRAG). In der Literatur wurden zur Interpretation dieser Bestimmung verschiedene Meinungen vertreten: Eine aktuelle Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (9 ObA 126/08g) bringt nun Klarheit.

Massenhaft vereinbart

Etwa 30 Prozent der Arbeitsverträge enthalten Klauseln zum Rückersatz von Ausbildungskosten bei vorzeitiger Beendigung des Dienstverhältnisses. Entsprechende Bestimmungen sind seit Jahren Teil von Musterarbeitsverträgen – es handelt sich dabei also um ein Massenphänomen. Eine spezielle Klausel befand sich im Arbeitsvertrag des Anlassfalls: Der Arbeitgeber ermöglichte der Arbeitnehmerin, eine Ausbildung zur „Office-Managerin“ zu absolvieren, und übernahm dafür die Kosten in der Höhe von 3600 Euro, wobei die Ausbildung der Arbeitnehmerin einen auch außerhalb des aktuellen Arbeitsverhältnisses verwertbaren Vorteil brachte. Diese wiederum verpflichtete sich, bei Beendigung des Dienstverhältnisses aus ihrer Sphäre vor Ablauf von fünf Jahren nach Erwerb der Kenntnisse die vom Arbeitgeber getragenen Gesamtkosten zurückzuzahlen. Die Rückerstattungspflicht wurde schriftlich vereinbart. Nach nur fünf der vereinbarten sechzig Monate kündigte die Arbeitnehmerin. Der Arbeitgeber forderte daraufhin den Rückersatz von 55 Sechzigsteln der Ausbildungskosten. Die Arbeitnehmerin wendete die Nichtigkeit der Vereinbarung ein, da sie keine Aliquotierung enthalte.

Bereits bisher galt, dass die Zulässigkeit der Höhe eines Rückforderungsbetrags und die Dauer, innerhalb derer der Arbeitnehmer an die Vereinbarung gebunden sein soll, an dem konkreten Nutzen, den der Arbeitnehmer aus der Ausbildung zieht, zu messen sind. Grundsätzlich muss das Ausmaß der Ersatzpflicht in einer für den Arbeitnehmer zumutbaren Relation zum Entgelt stehen, wobei bei Abschluss eines neuen Arbeitsverhältnisses auch das Einkommen aus diesem zu berücksichtigen ist, wenn sich das Entgelt durch die vorausgegangene Ausbildung erhöht hat. Als Richtwert für die zulässige Bindungsdauer legt das AVRAG fünf Jahre fest.

Nach dem Gesetz ist eine Vereinbarung nichtig, wenn die Rückerstattungsverpflichtung nicht aliquot, berechnet vom Zeitpunkt der Beendigung der Ausbildung bis zum Ende der zulässigen Bindungsdauer, vereinbart wird. Über die Frage, ob es bei der Interpretation zu einer geltungserhaltenden Reduktion der Klausel – also zu einem „Hineininterpretieren“ einer Aliquotierung in den Arbeitsvertrag, wie dies etwa bei zu lange vereinbarten Konventionalstrafen der Fall ist – kommen kann, herrschte in den letzten Jahren Unsicherheit in der Literatur.

Der OGH verwies in seiner Entscheidung auf die Entstehungsgeschichte der gesetzlichen Bestimmung: Die Absicht des Gesetzgebers sei es gewesen, die mobilitätshemmende Wirkung von Ausbildungskostenrückersatzklauseln ohne Aliquotierung hintanzuhalten und Rechtssicherheit zu schaffen. Die wörtliche wie auch die systematische und die historische Interpretation ergäben, dass es der Wille des Gesetzgebers sei, Rückersatzklauseln, die überhaupt keine Aliquotierung vorsehen, als zur Gänze unwirksam einzustufen.

Unbedingt Vertrag sanieren

Aus diesen Gründen sei also auch im Anlassfall von der gänzlichen Unwirksamkeit der Klausel auszugehen. Damit ist klar: Bestehende Klauseln ohne Aliquotierung sind dringend zu sanieren, ansonsten ist im Streitfall mit einer Nichtigerklärung zu rechnen.

Mag. Herzeg ist Geschäftsführer des Vereins Impuls Styria und Lehrbeauftragter am Institut für Arbeits- und Sozialrecht der Uni Graz, christoph.herzeg@uni-graz.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.05.2009)

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