Krise: Serbiens Wachstum halbiert sich

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Das Land setzt die Privatisierungen aus und sucht Hilfe beim IWF.

Wien (mac). Die serbische Staatsfliegerei JAT ist nicht verkäuflich. Auch für die staatliche Kupfermine RTB-Bor wird nach zwei erfolglosen Privatisierungsversuchen nur noch nach einem strategischen Investor gesucht. Weitere Staatsschätze will Serbien vorläufig nicht versilbern. „Den Investoren fehlt das Kapital“, sagt Herbert Preclik, der acht Jahre lang als österreichischer Handelsdelegierter in Belgrad tätig war. Der Privatisierungsstopp sei eine der ersten Folgen der internationalen Finanzkrise in Serbien.

Österreich größter Investor

Mit einigen Wochen Verspätung hat die weltweite Katerstimmung auch den Balkan erreicht. Serbien führt, ähnlich wie Pakistan und Weißrussland, bereits Gespräche mit dem Internationalen Währungsfonds, um die heimische Wirtschaft zu stützen. Gegen einen Kredit, wie ihn Ungarn und die Ukraine erhalten haben, würde sich das Land wohl nicht wehren. An einer herben Konjunkturdelle zweifeln mittlerweile auch die größten Optimisten nicht mehr. 2008 soll die Wirtschaft des Landes statt der erhofften sieben nur um vier Prozent wachsen.

Das Engagement der Österreicher, mit 480 Mio. Euro Direktinvestitionen 2007 die größten Investoren des Landes, sei dennoch sicher, betont Preclik. So würden die Marktanteile der heimischen Banken, die knapp ein Viertel des serbischen Marktes kontrollieren, auch nach der Krise noch von Wert sein.

Ein großes Problem im Land sieht Preclik in der bisher viel zu leichtfertigen Vergabe von Krediten. Nicht nur Autos und Wohnungen, selbst das Klopapier werde zum Teil auf Pump gekauft, beschreibt er die serbische Konsumlust. Auch die 5,5 Mrd. Euro, die von den fünf Millionen Auslandserben jedes Jahr nach Hause geschickt werden, gehen direkt in den Konsum. Die Inlandsnachfrage stützt zwar das serbische Wirtschaftswachstum, profitieren können davon aber nur wenige. So ist der serbische Lebensmittelhandel etwa fest in der Hand eines Mannes. Dem reichsten Serben, Miroslav Miskovic. Er gehört zu einer Schicht von Oligarchen, die in der Milosevic-Ära zu Reichtum und Einfluss gekommen sind. Mit seiner Delta-Gruppe kontrolliert er mehr als 70 Prozent des Belgrader Lebensmittelhandels.

Monopol am Lebensmittelmarkt

Das erklärt die Zurückhaltung der österreichischen Investoren in diesem Bereich. Nur zögernd wagt sich jetzt zumindest die Spar-Gruppe ins Land. Mit Protagonisten dieser mafiösen Wirtschaftselite hätten die heimischen Investoren „im Grunde nichts zu tun“, sagt Preclik. Eine gute Abschreckung für Spar und Billa waren sie bisher allemal. Das Zaudern der heimischen Baumarktketten ist ihm hingegen unverständlich. Hier gäbe es Bedarf und kaum nennenswerte Konkurrenz.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.10.2008)

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