Todesstrafe: Eine gescheiterte Hinrichtung

(c) AP (Pat Sullivan)
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Zwei Stunden lang konnten ein Exekutionsteam in Ohio die Vene des Todeskandidaten nicht finden. Hinrichtungen mittels Giftspritze gelten als umstritten.

Lucasville/Wien (zoe). Zwei Stunden lang versuchte das Exekutionsteam des Gefängnisses Lucasville im US-Bundesstaat Ohio vergebens, Häftling Nummer 187.343.878 hinzurichten. Sie suchten nach einer Vene, um an Romell Broom mittels Giftspritze die Todesstrafe zu vollstrecken. Dann half der Todeskandidat den Justizangestellten, ebenfalls vergebens. Nach einer kurzen Pause und weiteren Versuchen gaben sie schließlich auf. Die Hinrichtung wurde um eine Woche verschoben. Dann soll die Prozedur wieder von vorne anfangen.

Seit 24 Jahren und zehn Monaten sitzt der 53-jährige Romell Broom in der Todeszelle. 1985 wurde er wegen Entführung, Vergewaltigung und Ermordung einer 14-Jährigen Schülerin zum Tode verurteilt. Seither hat Brooms Anwalt Tim Sweeny um die Begnadigung gekämpft. Erst einen Tag vor der Hinrichtung war ein weiteres Gesuch abgelehnt worden. Sein Anwalt argumentiert, dass Broom keine faires Verfahren bekommen habe, weil damals die Polizei wichtige Dokumente zurückgehalten hatte. Die Mutter des Opfers ist anderer Meinung. Sie sieht Brooms Schuld ausreichend belegt und fordert seinen Tod: „Es ist Zeit, er muss sterben“, erklärte sie gegenüber einer Lokalzeitung.

Der damals 29 Jahre alte Broom verfolgte 1984 drei Schülerinnen, die nach einem Footballspiel auf dem Nachhauseweg waren, mit seinem Auto. Eines der Mädchen zerrte er in seinen Wagen, die anderen beiden konnten fliehen. Wenige Stunden später wurde die Schülerin erstochen und vergewaltigt auf einem Parkplatz aufgefunden.

DNA-Analysen haben Broom als Täter überführt. Die Tests werden aber heute von seinem Anwalt Tim Sweeney infrage gestellt. Damals sei das Material nur ungenau ausgewertet worden, es könne daher nicht hundertprozentig seinem Mandanten zugeordnet werden. Zudem kritisiert Sweeney, dass sich die Verurteilung größtenteils auf die Zeugenaussagen der beiden Freundinnen des Opfers stützte. Da beide an dem Abend alkoholisiert gewesen seien, stellt er ihre Glaubwürdigkeit infrage. Allerdings war Broom schon damals vorbestraft, er hatte eine 12-Jährige vergewaltigt.

Höchstrichter wiesen Klage ab

Die gescheiterte Hinrichtung wirft erneut die Frage auf, ob jemand zweimal zu einer Exekution geführt werden darf. Zudem wird seit Längerem heftig darüber diskutiert, ob die Exekution durch die Injektion eines tödlichen Medikamentencocktails eine „humane“ Art der Hinrichtung sei. Allerdings schmetterten im Vorjahr Höchstrichter eine Verfassungsklage gegen Exekution mittels Giftspritze ab.

Die Richter meinten, es sei nicht ausreichend nachgewiesen, dass eine falsche Anwendung der Methode zu einem ungewöhnlich grausamen Tod führe. Der Giftcocktail wird in drei Tranchen verabreicht: auf ein Narkotikum folgt ein muskelentspannendes Mittel, dann Kaliumchlorid, das einen Herzstillstand verursacht.

Ein weiteres Problem ist die mangelnde Ausbildung der Scharfrichter. Ärzte weigern sich nämlich, die tödliche Spritze zu verabreichen. Das Personal in den Justizanstalten ist oft nicht gut genug geschult.

AUF EINEN BLICK

36 der 37 Bundesstaaten der USA, deren Strafrecht die Todesstrafe kennt, verwenden die Injektion eines Giftcocktails als einzige Hinrichtungsart. Nur Nebraska sieht auch den elektrischen Stuhl vor.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.09.2009)

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