Notengebung: Geschlecht und Status zählen

Notengebung Geschlecht Status zaehlen
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Kinder aus sozial schwachen Familien werden bei gleicher Leistung schlechter benotet, besagt eine aktuelle Studie.

Wien/Rovi. Schüler, die von gebildeten, wohlhabenden Eltern aufgezogen werden, haben in der Schule einen Vorteil. Sie werden in der Regel zuhause früh gefördert, haben ein anregendes Lernumfeld und bringen somit auch in der Klasse überdurchschnittliche Leistungen. Das ist aber nicht ihr einziger Vorteil: Sie bekommen selbst bei gleicher, objektiv gemessener Leistung auch bessere Noten als ihre Klassenkameraden.

Das ist eines der Ergebnisse einer aktuellen Studie im Auftrag der Vodafone Stiftung Deutschland mit dem Titel „Herkunft zensiert? Leistungsdiagnostik und soziale Ungleichheiten in der Schule“. Durchgeführt wurde sie von drei Bildungsforschern, die die Schulnoten deutscher Kinder mit den Ergebnissen eines standardisierten schriftlichen Tests verglichen. Demnach lässt sich die Notenvergabe nur zur Hälfte mit der Leistung der Schüler erklären. Zu 25,5 Prozent entsteht die soziale Ungleichheit aber durch die Einschätzung der Lehrer: Diese würden bei gleicher Leistung im standardisierten Test den benachteiligten Kindern schlechtere Noten geben. Ulrich Trautwein, Co-Autor der Studie, spricht von „Fehlurteilen der Lehrer aufgrund ihrer Erwartungen“.

Keine Nachteile für Migranten

Auch beim Übertritt ins Gymnasium spielt die Einschätzung der Pädagogen eine große Rolle: Die Autoren belegen, dass die Schulempfehlung nach der Grundschule zu 30 Prozent auf sozialschichtabhängiger unterschiedlicher Benotung und Schulempfehlung basiert. Einer Frage wollten die Forscher genauer nachgehen: Der Vermutung, dass Schüler aus sozial schwachen Familien schlechtere Noten bekommen, weil sie weniger Anstrengungsbereitschaft zeigen. Bisher konnten sie dafür aber keine Belege finden. Ebenfalls benachteiligt laut Studie die Buben: Sie bekommen im Schnitt ebenfalls schlechtere Noten. Der Migrationshintergrund von Schülern spielt der Studie zufolge hingegen kaum eine Rolle.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.12.2011)

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