Schulden: USA werden zum größten Sorgenkind

Schulden werden groessten Sorgenkind
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Laut Credit Suisse wird sich die Staatsverschuldung in der EU auf zu hohem Niveau stabilisieren, in den USA aber weiter stark wachsen. Der größte Anleiheninvestor Pimco fürchtet Inflationspolitik und baut US-Anleihen ab .

Wien. Ein Spitzenplatz, der kein Grund zum Feiern ist: Die US-Notenbank hat China und Japan als größte Gläubiger Amerikas überholt. Um 1100 Mrd. Dollar hat die Fed US-Staatspapiere aufgekauft. Für Bill Gross, den Gründer des Anleiheinvestors Pimco, ist das nichts anderes als ein „dreistes Schneeballsystem“. Denn nur kräftiges Wachstum könnte die Staatsschulden so stabilisieren, dass sie weiter problemlos zu refinanzieren sind – und dieses Wachstum sei nicht in Sicht. Bleibe nur der Weg, die Schuldenlast bei noch länger laufenden Anleihen durch Geldentwertung wegzuzaubern.

Genau das erwartet Pimko-Co-Chef Mohamed El-Erian in einem aktuellen „Spiegel“-Interview: Jetzt schon inflationierten die USA mit ihrer geldpolitischen Lockerung „die ganze Welt“, und „wenn es hart auf hart kommt“, werden sie auch ihre eigenen „Probleme weginflationieren“. Die beiden Herren sind nicht irgendwer. Die Allianz-Tochter Pimco ist der weltweit größte private Anleiheninvestor. Und sein Management kritisiert nicht nur, es handelt auch: Schon im Dezember wurde im hauseigenen Total Return Anleihefonds, dem weltweit wichtigsten seiner Art, der Anteil an US-Staatstiteln von 30 auf 22 Prozent reduziert.

Eurokrise beigelegt?

Woher die Sorgen rühren, zeigt eine aktuelle Studie der Schweizer Großbank Credit Suisse. Dort werden die Schuldenquoten der wichtigsten Industrieländer bis 2020 projiziert – auf der Basis bankinterner Prognosen zu Wachstum, Zinsen und dem, was die Analysten von den Politikern erwarten. Das Fazit: In der Eurozone werden sich die Staatsschulden im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung auf zu hohem Niveau stabilisieren, in Deutschland sogar deutlich sinken. In den USA aber werde die Quote weiter deutlich ansteigen. Allein die Anleiheschulden des Bundes (ohne Fonds für Sozialprogramme) würden nach dieser Projektion von knapp über 60 auf 85 Prozent des BIPs steigen.

Verlagert sich damit das Risiko einer global ansteckenden Schuldenkrise von Europa in die USA? Credit-Suisse-Chefökonom Oliver Adler äußerte sich dazu in seiner Studie nur vorsichtig, in einer Pressekonferenz dafür umso deutlicher. Die europäische Krise sei „aus Anlegersicht weitgehend beigelegt“. Diese Einschätzung wird – zumindest kurzfristig – vom steigenden Eurokurs gestützt.

In den USA gebe die Schuldendynamik bereits mehr Anlass zur Sorge als in der Eurozone. Die EU- weiten Sparprogramme, die Diskussion über eine disziplinierende Wirtschaftsregierung nach deutschem Willen und die spanischen Pläne zur Sanierung des Bankensektors weisen zumindest in eine Richtung, die den Investoren eine gewisse Sicherheit vermittelt – und die ihnen in den USA fehlt.

Das riskante Spiel Amerikas

Dennoch: Vorerst behalten die Vereinigten Staaten ihre Vormachtstellung, auch bei Staatsanleihen. Der weltgrößte Finanzmarkt und der Dollar als Leitwährung geben weiterhin Rückendeckung. Die Umschichtung bei dem prominenten Pimco-Fonds war vorerst nicht mehr als ein Schuss vor den Bug für die US-Regierung – wohl auch mit dem Ziel, politischen Druck auszuüben.

(c) Die Presse / JV

Früher hatten es die USA immer wieder geschafft, durch starkes Wachstum und eine erhöhte, aber kontrollierte Inflation die Schuldendynamik in den Griff zu bekommen. Aber Pimco-Chef El-Erian fürchtet, dass dieses Rezept nicht mehr funktioniert. Zum einen, weil die Verschuldung seit 2008 so stark gestiegen ist „wie noch nie Friedenszeiten“. Zum anderen, weil die Amerikaner eine „neue Normalität“ nicht erkennen wollen: „Dauerhaft schwaches Wachstum, hohe Arbeitslosigkeit und eine Neuausrichtung der Weltwirtschaft“ – hin zu den Schwellenländern.

Auf einen Blick

„Dreistes Schneeballsystem“ – so bezeichnet Bill Gross, Gründer des weltgrößten privaten Anleiheninvestors Pimco, die Tatsache, dass die US-Notenbank der größte Gläubiger der USA ist. Schließlich werde man den Schulden nur beikommen, indem Geld entwertet wird. Eine Prognose der Credit Suisse bekräftigt die Sorge vor den Schulden der USA. Ihr zufolge werden die US-Schulden bis 2020 weiter kräftig wachsen, während sich jene Europas stabilisieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.02.2011)

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