Spanien: Übergewichtiger Bub versteckt sich vor Polizei

Symbolbild
Symbolbild(c) AP
  • Drucken

Die Eltern hätten nichts gegen die Fettleibigkeit des Neunjährigen getan, daher soll er in ein Kinderheim. Die Eltern haben ihren Sohn versteckt und orten Diskriminierung, weil sie zur Roma-Minderheit gehören.

Mit seinen neun Jahren bringt der neunjährige Moises aus Ourense im Nordwesten Spaniens 70 Kilo auf die Waage - dabei hat er bereits 20 Kilo abgenommen. Im Alter von fünf Jahren war er so aufgedunsen, dass man seine Augen kaum sehen konnte. Die Jugendbehörden forderten die Eltern auf, ihn einer Diät zu unterziehen - ohne großen Erfolg. Ein Gericht ordnete nun an, den Neunjährigen wegen "Verwahrlosung" bis auf weiteres in ein Kinderheim einzuweisen. "Da die Eltern die empfohlene Behandlung nicht veranlassten, erreichte die Fettleibigkeit ein solches Ausmaß, dass seine Gesundheit und sein Leben in Gefahr sind", begründete der Richter seine Entscheidung. Die Eltern weigerten sich jedoch, der Anordnung Folge zu leisten. Sie versteckten ihren Sohn bei Bekannten.

Nun sucht die Polizei nach dem Buben. Die Staatsanwaltschaft leitete ein Strafverfahren gegen die Eltern ein. Das Paar begründete seine Weigerung damit, dass eine Einweisung in ein Heim dem Sohn zusätzlichen Schaden zufügen würde. "Wir waren schlechte Eltern, weil wir dem Buben alles zu essen gaben, was er haben wollte", räumte die 24-jährige Mutter ein. Der Sohn habe in den vergangenen Monaten zehn Kilogramm abgenommen. Die Lokalzeitung "La Region" berichtete, er esse keine Süßigkeiten mehr, sondern nur noch Gemüse, weil er zu seinen Eltern zurück wolle.

Angehörige der Roma-Minderheit

Der Fall sorgt in Spanien seit Wochen für Schlagzeilen. Er ist auch heikel, weil es sich bei den Betroffenen um eine Roma-Familie handelt. Roma-Verbände äußerten den Verdacht, die Behörden griffen in diesem Fall nur deshalb besonders energisch durch, weil sie es mit Angehörigen einer Minderheit zu tun hätten. Die Eltern betonten in einer Erklärung: "Die Staatsanwaltschaft sollte nicht der Versuchung erliegen, sich gegenüber den Schwachen stark und gegenüber den Starken schwach zu zeigen."

Die Flucht des Übergewichtigen vor der Polizei machte die Spanier darauf aufmerksam, dass ungesunde Ernährung von Kindern zu einem ernsthaften Problem geworden ist. "Sie spielen nicht mehr draußen mit dem Ball oder dem Seil, sondern sitzen drinnen vor dem Computer oder Videospielen", sagt die Psychologin María Isabel Casado. "Hinzu kommt, dass die Spanier sich von der gesunden mediterranen Küche angewandt haben und mehr zucker- und fetthaltige Speisen essen."

Nach einer Studie leidet mehr als ein Fünftel der spanischen Kinder zwischen neun und zwölf Jahren unter Übergewicht oder Fettsucht. Der Mediziner und Ernährungsexperte Jesús Manuel Suarez betont, der Bub in Ourense sei von seinen Eltern zwar schlecht behandelt worden, eine Einweisung in ein Heim wäre aber keine Lösung: "Wenn er aus dem Heim herauskommt, wird er in sechs Monaten so übergewichtig sein wie vorher und obendrein einen psychischen Schaden davongetragen haben."

(Ag.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.