Stell dir vor, alle würden Prius fahren

Toyota Prius
Toyota Prius(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Prius-Kunde, Teil eins: Wie sich der hybride Öko-Radikalinski zum insgesamt properen Mainstreamgleiter wandelte – der Automobilisten freilich immer noch polarisiert.

Es gibt nicht viele Automobilbaureihen, die verschworene Anhänger ebenso wie sozusagen Konterrevolutionäre auf sich vereinigen können. Die einen sind Prius-Fahrer aus Überzeugung, meist mit ökologisch-technologischem Hintergrund, die andern, schon vom speziellen Styling provoziert, wittern die politisch korrekte Zurechtweisung eines Gutmenschenautos.

In den vergangenen Jahren kam eine dritte Gruppe quasi unversehens dazu: die Taxifahrer.

Kein Rütteln, kein Rattern

Nach unseren punktuellen Umfragen sind dort auch die Skeptiker zu den Fans übergelaufen. Genannt werden niedrige Betriebs- und Wartungskosten, doch es ist wohl auch der ruckel- und ratterfreie Komfort des hybriden Antriebsstrangs, der sich Freunde schafft. Die Effizienz des Systems steht ohnehin außer Frage, gerade im Stadtverkehr. Und dass der städtischen Luftgüte wie auch dem Lärmpegel mehr Hybride und weniger Dieselfahrzeuge guttäten, steht ebenfalls außer Zweifel (Experten wie TU-Professor Ernst Pucher führen den Prius im Betrieb als „nahezu schadstofffrei“).

Mit der vierten Prius-Generation hat Toyota die Trennlinien mitnichten aufgeweicht. Noch markanter, mit noch mehr Eigenart ist die aerodynamische Keilform geführt. Während die Hybridtechnik in immer mehr Baureihen von Toyota einzieht, wird der Prius zum Wahrzeichen der Marke.

Vor allem ist der Prius ein rundum verblüffend gutes Auto geworden. Kernzielgruppe mögen immer noch die Commuter, sprich Pendler, sein, doch die Talente sind deutlich ausgeweitet. Wir haben es eigentlich mit einem Kombi zu tun. Die sechs Zentimeter Längenzuwachs (der Radstand blieb unverändert) werden hauptsächlich mit verbessertem Crash-Verhalten argumentiert, kommen aber auch dem Laderaum zugute, der in jedem Fall schon von den besser platzierten Akkus profitiert. Ein durchschnittlicher Ikea-Einkauf zählt jetzt zu den einfacheren Übungen, die Rücksitzbank ganz oder teilweise umgelegt, und die Regalpakete flutschen nur so durch die große Heckklappe in den Innenraum.

Der wiederum wirkt hell, luftig und geräumig, die großen Fensterflächen sind der Gegenentwurf zum Spähwagendesign der so gefragten SUVs. Die Rundumsicht ist ausgezeichnet, allenfalls die zweigeteilte Heckklappe irritiert, wenn der untere Teil, der vom Scheibenwischer nichts abbekommt, verdreckt ist. Fühlte sich der Vorgänger zuweilen etwas hohl und dünnwandig an, so ist die Anmutung zum Soliden und Hochwertigen übergewechselt. Auffallend die hohe Geräuschdämmung: Ist einmal die Tür ins Schloss gefallen, bleibt auch der lärmende Alltag draußen. Man drückt den Startknopf und hört – nichts. So melden sich Hybride zum Dienst: lautlos.

Der Benzinmotor springt freilich bald an, speziell im Winter, wenn man 22,5 Grad vorgewählt hat. Auf der Displaylandschaft läuft ein kurzes Filmchen ab, bevor die Anzeigen geschäftsmäßig das Fahrgeschehen wiedergeben. Unverändert das Stummelchen, das man zum Losfahren auf D stellt und das man unterwegs häufig benutzt, um die Rekuperation und damit die Bremswirkung zu erhöhen. Als Prius-Fahrer ist einem starkes Pedalbremsen ein Gräuel – verschleuderte Energie! Stattdessen rollt man zielgenau aus an der roten Ampel und pflegt auch sonst die Vorausschau.

Das gefällt nicht allen Hinterherfahrenden, vor allem jenen, die beim Anblick eines Prius automatisch ein Überholmanöver einleiten. Dabei ist man alles andere als ein Verkehrshindernis. Hurtig geht es dahin aus dem Stand, kaum ein Diesel kommt da mit auf den ersten Metern. Anders als früher behauptet sich der Prius auch in flotten Kurven, und ja, Fahrspaß ist ein Begriff, den man nunmehr im Mund führen darf. Die Steifigkeit der Karosserie, das direktere, patente Lenkgefühl – kein Vergleich.

Der Anteil rein elektrischer Etappen ist deutlich gestiegen und liegt meist über 50 Prozent. Klar, die Energie dafür muss der Benziner bereitstellen, aber das kann er effizient im idealen Drehzahlfenster. Demnächst mehr über das Leben im Prius – und den effektiven Verbrauch im gemischten Alltag.

TOYOTA PRIUS 1,8 VVT-I

Maße. L/B/H: 4540/1760/1470 mm. Radstand: 2700 mm. Leergewicht: 1375 kg. Ladevolumen: 343–1557 Liter.

Motor. R4-Zylinder-Otto, 1798 cm3. Max. Leistung: 72 kW (98 PS) bei 5200/min. Max. 142 Nm bei 5200/min.

E-Motor: max. Leistung: 53 kW, Drehmoment: max. 163 Nm ab 0/min. Nickelmetallhybridakku, 6,5 A/h. Frontantrieb. Getriebe: stufenlos variable Automatik. 0-100 km/h in 10,6 sec. Vmax: 180 km/h. Testverbrauch: 5,7 l/100 km.

Preis. Ab 31.140 Euro („Lounge“).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.02.2017)

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