Alexander Horwath

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Filmmuseumsdirektor: Seit 2002 leitet Alexander Horwath die Cinemathek in Wien – und hat dem Haus Weltruf verschafft.

Derzeit läuft als Retrospektive im Österreichischen Filmmuseum die „Utopie Film“: Kein schlechter Begriff für die Erfolgslinie, die der gebürtige Wiener Alexander Horwath in seinen zehn Jahren als Direktor des Hauses verfolgt hat. Die Programmarbeit des leidenschaftlichen Cinephilen genießt internationalen Ruf, aber auch in weniger öffentlichkeitswirksamen Aspekten des Jobs hat Horwath Zeichen gesetzt. Sei es bei begleitenden Buchpublikation, die in regelmäßigem Abstand erscheinen oder in der Restaurierungsarbeit samt kleiner, aber feiner DVD-Edition: Eben erst wurde Horwath mit der Filmmuseumsrestaurierung von James Bennings Avantgarde-Kunststück „American Dreams“ zum Filmfestival in Venedig eingeladen – nicht das erste Mal, dass ein Filmmuseumsprojekt auf internationalen Festivals reüssierte.

Die Qualitätsarbeit wird auch vom Publikum gewürdigt: Der Besucherandrang im Filmmuseum ist unter Horwath deutlich angestiegen, nicht nur dank der fundierten Programme, sondern auch wegen der einladenderen Gestaltung des in der Albertina beheimateten Kinos: Polstersessel haben die harten Holzbänke ersetzt, die lange ein Markenzeichen waren im „unsichtbaren Kino“ (so benannt, weil es ganz schwarz ausgekleidet ist und damit – abgesehen von leider verpflichtender Notausgangsbeleuchtung – völlige Konzentration auf die Leinwand ermöglicht). Im Lauf der letzten Dekade ist auch die Filmmuseumsbar im zuvor nackten Albertina-Foyer installiert worden, was rund um den Kinobesuch zum gemütlichen Verweilen lädt – wenn sich nicht gerade eine Schlange für eine ausverkaufte Vorstellung drängt.
Denn die vielfältige, dabei geschmackssichere Programmarbeit des Filmmuseums hat ein Stammpublikum angezogen, das nicht nur bei kanonisierten Meisterwerken oder bewährten Themenfeldern wie italienischen Filmklassikern auftaucht, sondern auch bei vermeintlich entlegeneren Angeboten – heuer war etwa eine Retrospektive zum lange vernachlässigten Kino der sowjetischen Tauwetterperiode ein großer Erfolg. Das Bekenntnis zu allen Formen des Filmischen ist dabei wesentlicher Teil von Horwaths Strategie: ein Konzept, das bereits in seiner Zeit als Viennale-Direktor aufging. 1992 wurde der vormalige Filmkritiker (u. a. bei „Standard“ und „Falter“ oder als Herausgeber des ersten Buchs über Michael Haneke 1991) jung – er ist Jahrgang 1964 – zum Ko-Direktor des Wiener Filmfestivals berufen, 1995 und 1996 kuratierte er es alleine und legte damals den Grundstein für die Kombination von Anspruch und Popularität, mit der die Viennale seither reüssiert.

Geschichtsbewusstsein als Prinzip

Auch im Filmmuseumsprogramm lässt Horwath Marginales und Experimentelles auf den Mainstream treffen. Diesen Monat gibt es etwa eine kleine Personale zum britischen Porträtkünstler Luke Fowler, während in der (auch das ganze Jahr über als fortlaufender Zyklus des Hauses betriebenen) „Utopie Film“ dem Blockbuster-Regisseur Tony Scott ein Tribut gilt, und zwar im Duett mit einem zweiten, eben verstorbenen Großen der Filmgeschichte, dem französischen Essayisten Chris Marker. Geschichtsbewusstsein ist überhaupt ein Schlüssel zu Horwaths Politik als Leiter des Filmmuseums – und hat ihm zweifelsohne weitere ehrenvolle Aufträge eingetragen, etwa als Kurator des Filmprogramms der documenta 12 im Jahr 2007.

Die Haltung zeigt sich in Details wie der Homepage www.filmmuseum.at, wo eben nicht bloß das Programm und Produkte, sondern auch diverse Sammlungen zur Recherche einsehbar sind. Aber vor allem zeigt sie sich im Großen: Vermittlungsarbeit ist nicht nur ein Schwerpunkt, sondern auch Programmlinie – die Kinogeschichte aufregend zu vermitteln, mit dem archivarischen Bewusstsein, das einem Filmmuseum ansteht. Wo viele, auch renommierte, Cinematheken mittlerweile vor der digitalen Welle kapitulieren, beharren Horwath und sein Team auf der einzigen angemessenen Präsentationsform, dem originalen Filmmaterial. Auch das ist die „Utopie Film“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.10.2012)


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