Grasser: "Verdacht an den Haaren herbeigezogen"

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Ex-Finanzminister Grasser greift nach zwei Jahren Strafverfahren die Staatsanwälte an. Zuletzt erhob die Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption schwere Korruptionsvorwürfe.

Wien. Seit mehr als zwei Jahren wird gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser ermittelt („Lehman“, „Buwog“, „Novomatic“ etc.). Zuletzt erhob die Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKStA) neuerlich schwere Korruptionsvorwürfe. So wird in einem internen Papier, das die Korruptionsjäger einem Grasser-Antrag auf Einstellung des Verfahrens entgegenstellen, der Verdacht der Geschenkannahme unterstrichen – etwa bei der Privatisierung der Bundeswohnbaugesellschaften (Buwog) Mitte 2004. Grasser schlägt nun in einer beim Straflandesgericht Wien eingebrachten „Äußerung“ zurück. Von „freien Erfindungen“ der Staatsanwaltschaft ist zu lesen. Und von „Zynismus“ der Ankläger.

Ob das Verfahren eingestellt wird oder ob auf unbestimmte Zeit weiter ermittelt wird, muss nun die junge Wiener Strafrichterin Olivia-Nina Frigo entscheiden. Staatsanwältin Beatrix Winkler und ihr Kollege Gerald Denk haben nach wie vor den Verdacht, dass ein Teil der für die Vermittlung des Buwog-Verkaufs (das Immofinanz-Konsortium erhielt den Zuschlag) geflossenen Provision, 9,6 Millionen Euro, auf einem Konto landete, das Grasser-Intimus Walter Meischberger eingerichtet hat.

Profite in der Regierung?

So schreiben die Korruptionsjäger: „Unter anderem aufgrund der Aussage des Willibald Berner (ehemaliger Kabinettschef im Infrastrukturministerium, Anm.), Dr. Hochegger (Lobbyist Peter Hochegger fädelte Buwog-Deal ein, Anm.) sei bei ihm, Berner, vorstellig geworden und habe erklärt, eine Gruppe von Personen um Ing. Meischberger, Mag. Grasser und Dr. Hochegger selbst, sei bestrebt gewesen, von diversen im Regierungsprogramm festgelegten Privatisierungsprojekten finanziell zu partizipieren, und es bestehe der Verdacht, dass Mag. Grasser aus dem Verkauf der Bundeswohnbaugesellschaften Zahlungen erhalten haben könnte.“

Weiter heißt es, dass Grasser „das Konto 400.815 bei der HIB (Hypo Investment Bank AG Liechtenstein) und dessen Nachfolgekonto 15.444 bei der LLB (Liechtensteinische Landesbank) zuzurechnen ist.“

„Bestechliche Staatsanwälte“

Der Exminister, vertreten von Anwalt Manfred Ainedter, kontert: „Ich wurde zu den gegenständlichen Konten des Ing. Meischberger mehrfach befragt und es ist wohl als einmalig in der Justizgeschichte der Zweiten Republik zu bezeichnen, wenn nach zweijährigen Ermittlungen noch immer dieselbe Verdachtslage mit denselben Indizien herangezogen wird.“

Und: „Nur beispielhaft sei angeführt, dass das Tagebuch des Ing. Walter Meischberger allen Ernstes als Indiz für eine strafbare Handlung meinerseits herangezogen wird, finden sich doch in diesem Tagebuch auch etwa Eintragungen dahingehend, dass der vormalige Kabinettschef Mag. Krakow (Oberstaatsanwalt Georg Krakow war Kabinettschef unter ÖVP-Justizministerin Claudia Bandion-Ortner, Anm.) und die Frau Staatsanwalt Mag. Beatrix Winkler bestechlich sein sollen.“

Grasser leicht süffisant weiter: „Dies hat man offensichtlich als nicht glaubwürdig angenommen, widrigenfalls diesbezüglich Ermittlungen eingeleitet worden wären. Es ist daher völlig unlogisch (...), dass man seitens der Staatsanwaltschaft offensichtlich annimmt, dass das Tagebuch ein verwertbares Indiz für strafbare Handlungen meinerseits sein soll!?“

Interessant liest sich auch der Komplex „Terminal Tower“. Die WKStA schreibt, Grasser sei „verdächtig“ als Finanzminister für „den parteilichen Abschluss eines überteuerten Mietvertrages hinsichtlich des Terminal Tower in Linz einen Vorteil (...) angenommen zu haben.“ Dabei geht es um die Einmietung der Finanz in das von der Porr errichtete Gebäude.

Er habe erst durch den hier zitierten WKStA-Schriftsatz von diesem Vorwurf erfahren, so Grasser. Von überteuert könne keine Rede sein, der Preis wurde sogar stark gedrückt. Schlussendlich: „Die nunmehr erstmalig gegen mich konstruierte Verdachtslage ist vollkommen an den Haaren herbeigezogen und geradezu absurd.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.12.2011)

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