Autosalon Genf: Luxus geht wieder, Elektro weniger

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Der Elektro-Hype der Vorjahre ist verblasst, hat aber Spuren hinterlassen: Bei den Benzinmotoren tut sich Dramatisches. Auch hübsche Cabrios sorgen für frischen Wind – mit Windstärken bis 400 km/h. von Timo Völker

Luxushersteller plagen Luxusprobleme, so muss es wohl sein. Schon um der guten Ordnung willen. Vor zwei Jahren noch standen Edelmarken wie Bentley unter dem Schock von halbierten Absatzzahlen. Bei Maserati bekam man auf praktisch jede Frage, jene nach den Überlebenschancen der Marke inbegriffen, die gleiche Antwort: „Wir werden sehen, was die Zukunft bringt.“ Räusper. Sorgenvoller Blick. Schweigen.

Oh Wunder, die verhangenen Himmel lichteten sich. Die Absatzzahlen ziehen jedenfalls wieder an. Ferrari hat gar ein Rekordjahr hinter sich. Bentley jagt wieder die fünfstellige Marke. Die Reichen kommen zunehmend in Kauflaune. Und sie würden noch beherzter zugreifen, wenn sie die Autos bekämen, die sie wirklich wollen. Große Autos. Sehr große Autos.

Was man bislang nicht wagte

Nun ist Bentley nicht als Fabrikant von Kleinwagen bekannt. Man hat durchaus die fünfeinhalb Meter im Repertoire, befüllt mit reichlich Zylindern und dem feinsten Holz und Leder. Nur ein SUV gibt es nicht. Vielleicht, weil man sich das bislang nicht vorzustellen wagte. Die Marke, die sich so gern ihrer Historie besinnt, findet nichts in W. O. Bentleys Hinterlassenschaft: Lastwagen hat man nie gebaut.

Ähnlich bei Maserati: Sportliche Autos, ja, gerne auch mit vier Türen. Aber Maseratis stürmen traditionell nach vorn, nicht in die Höhe. Nun scheint dennoch die Zeit für ein neues Format gekommen: Maserati zeigt in Genf mit dem Kubang ebenso ein Full-Size-SUV wie Bentley mit der Studie EXP 9 F. Ein klingenderer Name wird sich bei den Engländern noch finden, denn dass das Auto gebaut wird, daran gibt es keine Zweifel. Bei Maserati ist es sowieso keine große Sache: Man hat ja Jeep im (Fiat-)Konzern. Und so wird der Kubang als Wiedergänger des Grand Cherokee gebaut, folgerichtig in den USA. Für Bentley bietet sich die SUV-Plattform von Audi/Porsche/VW an.

Grazien sind sie beide keine. Das gespannte Innehalten des Publikums, als CEO Wolfgang Dürheimer im großen Wagen auf die Bühne rollte, erinnerte an den Auftritt des geplanten „Lagonda“-SUV von Aston Martin vor wenigen Jahren.

Auf der Höhe der Zeit

Dessen Design ist so gut angekommen, dass von ihm heute nichts mehr zu sehen ist. Auf Eis gelegt hat auch Lamborghini das Comeback des LM 002, das war in den späten Achtzigern eine Art wilder Defender mit 500-PS-Zwölfzylinder. Damit wären die Italiener heute auf der Höhe der Zeit.

Wie sieht es da in der vorgeblich besseren Welt aus, zu deren Errichtung die Elektroautos angetreten sind? Der Hype hat nachgelassen. Und was gezeigt wird, sind oft gewagte Studien, wie der Infiniti Emerg-E, die mit Supersportautos konkurrieren wollen. Dabei: Wer so schnell fahren will wie ein Porsche, tut das am besten im Porsche. Der etwas widersinnige Trend, das Thema Strom in der Hochleistungsecke zu parken, um es aus dem Kreis der Alltagsautos herauszuhalten, ist unübersehbar.

Ernsthaftes Elektroangebot

Zu den wenigen leistbaren Serienautos mit E-Antrieb zählt der innen wie außen sehr gefällig wirkende Kompaktwagen Zoe von Renault, der in Genf in endgültiger Form gezeigt wurde. Das Auto, das ab November bei uns ausgeliefert wird, soll mit einer Ladung über 200 Kilometer weit fahren können und wird mit allen Steuern 20.780 Euro kosten, dazu kommen 79 Euro monatlich für die Akkumiete. Das ist ein ernst zu nehmendes Angebot an die Haus-am-Stadtrand-mit-Garage-und-Zweitauto-Fraktion, die der grünen Gesinnung nun Taten folgen lassen kann.

Das Elektroauto hat dennoch schon jetzt die Autowelt verändert. Weil als gesichert gilt, dass es die heutige Mobilität auf absehbare Zeit nicht ersetzen, sondern nur ergänzen wird können, geraten die konventionellen Motoren wieder in den Fokus der Entwickler. Es ist vor allem der Benzinmotor, der mit dramatischen Sprüngen in den Verbrauchswerten aufhorchen lässt. Besonders plakativ sieht das bei den Vollblütern aus, etwa bei Ferraris F12, in dem ein völlig neuer, direkt einspritzender V12 mit 740 PS den alten Motor ersetzt und gleich einmal ein Drittel weniger Sprit verbrennt. Ähnliche Einsparungen, zumindest auf dem Papier, vermelden alle aufregenden Neuerscheinungen dieses Jahres, von Porsche Boxster bis Mercedes SL.

Etwas bescheidener geht es ein paar Klassen darunter zu. Hier kappt man vor allem Zylinder und Hubraum. Wer demnächst einen Benziner mit 1,4 Liter Hubraum aus dem VW-Konzern fährt, also von Audi über Skoda bis VW, hat zeitweise nur zwei der vier Zylinder in Betrieb. Zumindest immer dann, wenn das Gaspedal gestreichelt wird, was bei der Erhebung des NEFZ-Normverbrauchs praktischerweise der Fall ist. Die Fachwelt ist sich einig, dass der Zylinderabschaltung eine größere Zukunft bevorsteht. Den Dreizylinder hat Volkswagen schon länger in Betrieb, nur dass die neue Generation nicht mehr nach Nähmaschine klingt und auch etwas vehementer antreibt. Auf dieses Maß setzt neben Peugeot (1,0 Liter Hubraum, 68 PS) und Ford (1,0 Liter-Turbo, bis 125 PS) auch BMW im 1er (1,5 Liter-Turbo).

Abspecken gehört zum guten Ton, Modellnachfolger werden leichter, auch wenn die Werte oft schöngerechnet sind. Audis Beitrag: Kotflügel und Motorhaube des neuen A3 sind aus Alu statt Stahlblech gefertigt. Insgesamt soll das neue Modell bis zu 80 Kilogramm weniger wiegen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.03.2012)

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