Meteorit: "Donnerstein" in Wien zu sehen

Der Meteorit von Ensisheim im Naturhistorischen Museum
Der Meteorit von Ensisheim im Naturhistorischen MuseumAPA/HELMUT FOHRINGER
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Das Naturhistorische Museum in Wien präsentiert den ältesten bezeugten Meteoritenfall Europas.

Ein seltener außerirdischer Gast macht kurz Halt im Naturhistorischen Museum (NHM) Wien. Für vier Tage ist dort der Meteorit von Ensisheim zu sehen, der älteste bezeugte Meteoritenfall Europas. Am 7. November 1492 stürzte der "Donnerstein" mit einem gewaltigen Knall auf ein Feld bei Ensisheim im Elsass (Frankreich). Der knapp 54 Kilo schwere Meteorit wird von einer eigenen Bruderschaft bewacht.

NHM-Direktor Christian Köberl verglich am Freitag bei der Präsentation des Meteoriten das Ereignis von 1492 mit der in zahlreichen Filmen dokumentierten Explosion des "Meteoriten von Tscheljabinsk" über Russland am 15. Februar dieses Jahres. Statt durch Videoaufnahmen wurde das Ereignis durch das Flugblatt "Von dem donnerstein gefallen im 1492 jar" des Autors und Humanisten Sebastian Brant, der sich zu jener Zeit im rund 40 Kilometer von Ensisheim entfernten Basel aufhielt, in ganz Europa bekannt. Kaiser Maximilian I. machte auf dem Weg nach Frankreich wenige Tage nach dem Meteoritenfall in Ensisheim, das damals zur Habsburgermonarchie gehörte, Halt. Er ordnete an, den Stein in Ketten zu legen und in der Kirche aufzuhängen.

Zwei Vertreter der Bruderschaft des Ensisheim-Meteoriten
Zwei Vertreter der Bruderschaft des Ensisheim-MeteoritenAPA/HELMUT FOHRINGER

Dürer dürfte Meteorit gesehen haben

Auch Albrecht Dürer hielt sich zum Zeitpunkt des Meteoritenfalls in Basel auf. Einige Jahre später malte er auf die Rückseite seines Gemäldes "Büßender Heiliger Hieronymus" und 1514 auf einen Kupferstich einen explodierenden Himmelskörper. Man geht davon aus, dass Dürer in Basel den Meteoriten gesehen hat und dieses Ereignis in den Bildern darstellte. 1528 wurde der Meteorit vom berühmten Alchemisten Paracelsus untersucht, 1771 besuchte Johann Wolfgang von Goethe den Himmelskörper und berichtete darüber in seiner Autobiografie "Dichtung und Wahrheit".

300 Jahre hing der Meteorit in der Kirche von Ensisheim, erst während der Französischen Revolution wurde er in ein Museum nach Colmar gebracht. In dieser Zeit wurden von dem ursprünglich rund 130 Kilo schweren Meteoriten Teile abgeschlagen, die sich heute in verschiedenen Museen und Sammlungen befinden. Auch das NHM in Wien hat Stücke des "Donnersteins" in seiner Sammlung, die nun gemeinsam mit einigen historischen Darstellungen und Faksimiles des Meteoritenfalls gezeigt werden - und zwar bis 3. Februar 2014 und damit deutlich länger als das Original, das übrigens in einer historischen Vitrine aus 1840 präsentiert wird.

"St. Georgs-Bruderschaft" bewacht Meteoriten

Anfang des 19. Jahrhunderts wurde der Meteorit dann wieder in der Kirche von Ensisheim aufgehängt - wo er als wahrscheinlich einziger Meteorit zum zweiten Mal auf die Erde fiel, und zwar 1854 beim Einsturz des Kirchturms. Seither wurde er zunächst in der Schule und dann im Gemeindeamt von Ensisheim aufbewahrt, wo sich heute ein dem Meteoriten gewidmetes Museum befindet. Dort wird er von einer 1984 gegründeten "St. Georgs-Bruderschaft des Meteoriten von Ensisheim" in ihrer rot-weißen Tracht bewacht. Der Großmeister der Bruderschaft, Jean-Marie Blosser, hat den Meteoriten nun nach Wien gebracht und wird ihn auch hier nicht aus den Augen lassen.

Die Präsentation erfolgt pünktlich zum ersten Geburtstag des im Vorjahr eröffneten Meteoritensaales im NHM, das die älteste und größte Meteoritensammlung der Welt beherbergt. Die Zusammensetzung des Meteoriten von Ensisheim sei nicht außergewöhnlich, es handle sich um einen 4,6 Mrd. Jahre alten "gewöhnlichen Chondriten", sagte Köberl. Der überhaupt älteste bisher dokumentierte Meteoritenfall dürfte 861 in Südjapan stattgefunden haben, in einem Tempel in Nogata auf der Insel Kyushu werde jedenfalls ein Meteorit in einer Schatulle aufbewahrt, in der dieses Falldatum eingraviert ist, so der NHM-Direktor.

Link:
>> Details zum Meteorit von Ensisheim

(APA)

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