Meshed#2 in Wien: Das bringt Social Media Marketing

Augmented-Reality-Konzept von Fjord
Augmented-Reality-Konzept von Fjord(c) DiePresse.com (Sara Gross)
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Geringe Kosten und teilweise unglaubliche Umsatz-Steigerungen. Social Media verdrängt das klassische Marketing und Facebook, Twitter und Co. sind erst der Anfang.

Gary Vaynerchuk hat ein Weingeschäft in New Jersey und vor fünf Jahren begonnen kleine Videos zu drehen, sie im Internet zu verbreiten und so seinen Umsatz von vier Millionen Dollar auf 45 Millionen Dollar zu steigern. Dass sich "Wine Library TV" so schnell herumgesprochen hat verdankt der Unternehmer Online-Netzwerken wie Facebook, Twitter, YouTube und Co. Die Wine-Library-Erfolgsgeschichte ist kein Einzelfall: Dell hat alleine über Twitter Produkte im Wert von drei Millionen Dollar abgesetzt, rechnet Erik Qualman vor, der die Eröffnungsrede der Social-Media-Konferenz Meshed#2 am Mittwoch in Wien hielt.

Während Unternehmen bei klassischem Marketing etwa über Fernsehwerbung oder Online-Bannern noch selbst entscheiden konnten, ob und wieviel sie davon einsetzen, sei Social Media ein selbstständiger Organismus. Produkte, Marken und Firmen werden in Online-Netzwerken dargestellt und diskutiert, egal, ob eine Firma selbst daran teilnimmt oder nicht, erklärt Qualman.

Die verhängnisvolle Gitarre

Das ist eine Qualität des Mitmach-Internets, die nicht immer positive Effekte hat. Die Fluglinie United Airlines kann davon im wahrsten Sinne des Wortes "ein Lied singen". Im Frühjahr 2008 ist auf einem United-Flug die Gitarre von David Carroll durch den unsensiblen Umgang des Personals zu Bruch gegangen. Der Kunde wollte Schadenersatz, ist mit seinen Forderungen aber abgeblitzt. Carroll sang sich den Ärger von der Seele und veröffentlichte den Song "United Breaks Guitars" auf YouTube. Das Video verbreitete sich und wude für United zum viralen Albtraum. Neun Millionen Mal wurde der Clip mittlerweile abgerufen. Zum Vergleich: Nur 0,003 Prozent aller YouTube-Videos schaffen die 1-Million-Klick-Hürde.

Erik Qualman
Erik Qualman(c) DiePresse.com (Sara Gross)


Der daraus entstandene Imageschaden lässt sich laut Qualman einfach verhindern und negative Kritik im Internet durch die richtige Reaktion in positive umwandeln. Firmen sollten aufmerksam beobachten, was über sie im Internet gesagt wird, rät der Profi. Schon eine Suche nach Produkt, Marke oder Firmenname unter search.twitter.com sei äußerst aufschlussreich. Auf die einzelnen Kommentare soll und muss man schließlich reagieren. Dell hat laut Qualman die Erfahrung gemacht, dass Kunden, deren Anliegen bearbeitet werden, ein Produkt fünfmal eher weiterempfehlen würden als "normale" Kunden.

Wie das Produkt den Kunden findet

Augmented-Reality-Konzept von Fjord
Augmented-Reality-Konzept von Fjord(c) DiePresse.com (Sara Gross)
Mark Kramer
Mark Kramer(c) DiePresse.com (Sara Gross)


Kundenservice ist aber nur eine Seite der Medaille. Social Media birgt ein noch viel größeres Potenzial, waren sich die Vortragenden der "Meshed" einig: Kunden müssen nicht wie bisher zum Produkt geleitet werden, sondern das Produkt findet den Kunden. Twitter und Facebook sind erst der Anfang und der Social-Media-Bereich wird laut Qualman in den nächsten Jahren erst so richtig in Fahrt kommen. Bereits jetzt wird aber "Social Commerce" ein immer wichtigeres Thema. Die Vision: Ein Kunde fotografiert mit seinem Handy ein Produkt in einem Geschäft und erhält umgehend hundert Kundenbewertungen aus dem Internet - Facebook ermöglich es nun, dass diesem Kunden nur jene vier oder fünf Bewertungen von seinen Facebook-Freunden angezeigt werden. Sind diese Bewertungen positiv, wird er das Produkt kaufen, ohne sich weiter über andere Wege zu informieren, ist Qualman überzeugt.

Dieses Ergänzen der realen Welt des Produkts um virtuelle Informationen in Echtzeit, ist das Spezialgebiet von Mark Kramer. "Augmented Reality" steckt zwar noch in der Kinderstube und viele Angebote in der Experimentierphase - dennoch scheint die Technologie geradezu ideal, um Produkte zu Kunden zu leiten und nicht wie bisher umgekehrt. Augmented Reality bedient sich der Handykamera und GPS, das auch bereits fast jedes moderne Handy beherrscht. Durch die Kamera betrachtete Gegenstände oder Orte werden um Informationen wie Restaurants oder Sehenswürdigkeiten angezeigt.

Sehenswürdigkeiten und Sonderangebote

Augmented-Reality-Konzept von Fjord
Augmented-Reality-Konzept von Fjord(c) DiePresse.com (Sara Gross)


In solchen Anwendungen ist es aber laut Kramer auch denkbar, dass Kunden ihre Kamera auf ein Geschäft richten und am Display umgehend Sonderangebote angezeigt werden. Dabei handelt es sich nicht um Zukunftsmusik: Unter google.com/places können Unternehmen jetzt schon beeinflussen, mit welchen Informationen ihr Geschäft oder Büro in Google Maps angezeigt wird. Selbst Gutscheine zum Ausdrucken können hinzugefügt werden. "Google Goggles" ist schließlich die Augmented-Reality-Anwendung, die Handykamerabilder in Echtzeit mit diesen Informationen aus Google Maps anreichert. Ähnliche Angebote gibt es auch von Layar, Wikitude oder Nokia Point & Find.

Kramer durfte auf der Meshed auch Einblicke in ein noch nicht veröffentlichtes Konzept der Designfirma Fjord gewähren, das Umgebungsbilder nicht nur mit Restaurattipps aufpeppt, sondern etwa auch historische Bilder einblendet und anzeigt, wo sich Freunde gerade aufhalten und was eigentlich die (unbekannten) Menschen in der Umgebung gerade machen. Welche Firma dieses Konzept in die Tat umsetzt, verriet Kramer nicht. Auf Nachfrage aus dem Publikum meinte er aber schließlich: "ja, es kommt - hoffentlich im Herbst".

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