"Groko"-Generäle: Der riskante Reiz der Neuen

(c) Reuters (THOMAS PETER)
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Ein SPD-Sonderparteitag hat Yasmin Fahimi zur neuen Generalsekretärin gewählt. Wie ihr CDU-Pendant Peter Tauber ist sie in der Öffentlichkeit so gut wie unbekannt, unerfahren - und soll doch ihre Partei modernisieren.

Berlin. Nun ist es offiziell: Auf einem Sonderparteitag haben die deutschen Sozialdemokraten Yasmin Fahimi zur Generalsekretärin gekürt. Eine 46-jährige Frau mit Migrationshintergrund (ihre Mutter ist aus dem Iran): Das soll als Signal des Aufbruchs für den Herrenclub SPD wirken. Zudem gilt die Gewerkschafterin als eher links, aber pragmatisch, sie dürfte den richtigen Draht zur Basis finden.

Eigentlich galt der altbekannte Parteilinke Rolf Stegner als Nachfolger von Andrea Nahles gesetzt. Doch die SPD-Frauen begehrten auf: Nur Männer an den Schalthebeln, das gehe nicht. Über die Weihnachtspause entschied Sigmar Gabriel die letzte noch offene Personalie in seinem Tableau für die Große Koalition. Anfang Jänner zauberte der Parteichef dann die Hannoveranerin aus dem Hut. Doch mit dem Überraschungscoup geht er ein ziemliches Risiko ein.

Denn das frische Gesicht ist unbekannt auch in der Partei, unvernetzt im Politdschungel Berlin und war noch in keiner Talkshow zu Gast. Auch Fahimis Stil passt nicht ins traditionelle Berufsbild des Generalsekretärs: Statt pointiert gegen den Gegner zu poltern (und wohldosiert gegen den Koalitionspartner zu sticheln, um das Profil zu schärfen), gibt sie sich freundlich und zurückhaltend.

Mehr Spielraum als Nahles?

Dabei kann die neue Nummer Zwei vermutlich freier agieren als ihre Vorgängerin Nahles, der ein unberechenbar umtriebiger Parteichef oft ins Handwerk pfuschte. Nun ist Gabriel als „Superminister“ für Wirtschaft und Energie ausgelastet. Ihr Organisationstalent muss Fahimi gleich im Europawahlkampf unter Beweis stellen. Ein harter Job für eine Newcomerin.

Ein Blick zum Koalitionspartner könnte sie trösten: Dem Kollegen in der CDU ergeht es ähnlich. Auch mit Peter Tauber hatte niemand gerechnet. Als der Bundestagsabgeordnete aus Hessen ins Kanzleramt zitiert wurde, hoffte er auf einen Internetposten. Vielleicht könnte er als unermüdlicher Blogger und Tweets-Verfasser ja Staatssekretär für Netzpolitik werden. Auf Generalsekretär wäre er nie gekommen. Aber er war selbstbewusst genug, rasch einzuschlagen.

Was hat sich Merkel dabei gedacht? Auch Tauber soll die eigene Partei modernisieren. Die Führung der CDU ist überaltert. Der Wahlkampfschlager Mütterrente zielte auf ältere Generationen. Es fehlen Angebote für die Unter-40-Jährigen, die ja auch mehrheitlich Union gewählt haben.

Tauber signalisiert ihnen mit Dreitagebart, modischer Brille und Star-Wars-Leidenschaft: Das ist einer von uns. Dabei ist der Reserveoffizier in manchen gesellschaftspolitischen Fragen ein strammer Konservativer: Sterbehilfe will er komplett verbieten, die Abtreibungsdebatte neu entfachen. Andererseits hat er sich gegen die Vorratsdatenspeicherung und für die Gleichstellung homosexueller Partnerschaften stark gemacht.

Ein eigenständiger Kopf also? Wer sich vom neuen schwarzen General frischen Wind erwartet hat, wurde in den ersten beiden Wochen enttäuscht. Wie schon sein Vorgänger Hermann Gröhe antwortet Tauber auf Journalistenfragen höflich, inhaltsarm und brav auf Parteilinie. In der CDU ist der Generalsekretär eben schon länger nicht mehr ein „Mann fürs Grobe“ und die Seele der Partei, sondern ein treuer Vasall der Chefin.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.01.2014)

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