Smog in Peking von "gefährlich" auf "ungesund" gestuft

In Fuyang gehgen diese Damen ihren morgendlichen Übungen nur mit Atemschutzmaske nach.
In Fuyang gehgen diese Damen ihren morgendlichen Übungen nur mit Atemschutzmaske nach.(c) REUTERS (CHINA DAILY)
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Die Situation in der Region rund um Chinas Hauptstadt hat sich etwas verbessert. Die Schadstoffkonzentration ist aber ungebrochen hoch.

Nach sechs Tagen ist der schlimme Smog in Peking erstmals von "gefährlich" auf "sehr ungesund" herabgestuft worden. Leichter Wind und Schneefall klarten am Dienstag den schmutzigen Dunst in der 20-Millionen-Metropole zumindest etwas auf. Doch war von Aufatmen noch keine Rede. Die offiziellen Messstationen in der Hauptstadt zeigten zwar leicht fallende Schadstoffwerte, doch warnte der Index der US-Botschaft weiter vor "sehr ungesunder" Luft. Erstmals reagierte auch die chinesische Regierung auf die Kritik an ihrem Umgang mit der Umweltkrise.

Chinas Staatsmedien gingen ungewöhnlich deutlich mit der langsamen und unzureichenden Reaktion auf den Mega-Smog ins Gericht. Auch wurden laxer Umweltschutz und das verschwenderische Wachstumsmodell Chinas angeprangert. Der "Smoggürtel" hält nicht nur Peking sondern auch andere Städte in Nord-, Ost- und Zentralchina im Griff. In Millionenmetropolen wie Jinan (Provinz Shandong) oder Shijiazhuang (Hebei) lagen die Luftindexwerte weiter bei 500 bzw. 400 Punkten. Nur unter 50 gilt die Luft nach chinesischen Standards als "gut".

"Langfristiger Prozess"

In einer offiziellen Reaktion sagte Vizepremier Li Keqiang, der im März bei dem lang erwarteten Führungswechseln an Chinas Staatsspitze Regierungschef werden soll, die Beseitigung der Umweltschäden werde lange dauern. "Es hat eine lange Entwicklung hin zu diesem Problem gegeben, und auch die Lösung wird ein langfristiger Prozess. Aber wir müssen handeln", zitiert das Staatsradio am Dienstag Li. Die Krisenkapazitäten der Umweltbehörden müssten gestärkt werden, andererseits müssten die Bürger sich besser schützen.

Krankenhäuser berichteten von einem sprunghaften Anstieg von Atemwegserkrankungen sowie Herz- und Kreislaufproblemen. Einige Ärzte berichteten von einer Verdoppelung der Patientenzahlen. Die hohe Schadstoffbelastung setze besonders Alten, Kindern und Menschen mit chronischen Krankheiten zu. Der Smog schwäche das Immunsystem, was den Ausbruch von Erkältungen und anderen Krankheiten erleichtere.

Staatliches Notfallprogramm

Die Pekinger Abteilung der chinesischen Umweltbehörde hatte zuvor am Montag mitgeteilt, sie starte ein eintägiges Notfallprogramm zur Reduktion der Schadstoffe. So würde die Zahl der Regierungsautos auf den Straßen reduziert und die Emissionen von 54 Fabriken um ein Drittel gesenkt. Auch werde man Bauarbeiten an 28 Baustellen vorübergehend stoppen.

Die Bevölkerung klagte jedoch über die anhaltende Belastung. "Mein Schwiegervater ist auf die Intensivstation gekommen", berichtete die 44-jährige Wang Xiaohong der Nachrichtenagentur dpa. "Er konnte nicht mehr richtig atmen." Trotz des Smogs sei der 81-Jährige wie gewohnt draußen spazieren gegangen. "Wir haben immer gesagt, er soll nicht rausgehen. Aber er hielt es drinnen nicht aus. Er suchte Bewegung." Trotz seines hohen Alters sei der alte Mann sehr rüstig gewesen. Jetzt müsse er künstlich beatmet werden, weil die Lungen aus eigener Kraft nicht mehr genug Luft bekämen. "Die Ärzte sagen nicht, ob es am Smog liegt", schilderte Frau Wang. "Aber er hatte sonst nie etwas."

Kritik von den staatlichen Medien

Ungewöhnlich offen kritisierten die staatlich kontrollierten Medien das blinde Wachstum auf Kosten der Umwelt und eine schwache Reaktion der Behörden. So seien die meisten Schulen in Peking nicht informiert gewesen, dass Freiluftaktivitäten eingestellt werden sollten. Aus Sicht der "Global Times" ist der Smog ein "Warnsignal". "Kohleverbrauch, Staub und Schadstoffemissionen von Industrie und Fahrzeugen sind die grundlegenden Ursachen des gefährlichen Dunstes."

Die Regierung trage die Hauptverantwortung, aber die Öffentlichkeit sollte "nicht nur Zuschauer" sein, schrieb die "Global Times". Der Kampf gegen die Umweltverschmutzung erfordere die Mitwirkung der ganzen Gesellschaft. Die Nachrichtenagentur Xinhua sah auch, dass die Regierung leicht wegen mangelnder Aufsicht über Umweltverschmutzer beschuldigt werden könne, betonte aber, dass jeder Einzelne seinen eigenen Beitrag zum Schadstoffausstoß sehen müsse.

Jahrelanges verschwenderisches Wachstum habe zu Luftverschmutzung und zum willkürlichen Ausstoß gefährlicher Chemikalien geführt. "Die Regierung steckt in einem Dilemma, indem sie die beiden Träume seines Volkes vom "besseren Leben" und "grünen Leben" aufrechterhalten will", meinte Xinhua. Doch argumentierten Aktivisten, das sich Wachstum und Umweltschutz keineswegs ausschließen müssen.

(APA/dpa)

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