Bier und Masernparty

(c) APA (Harald Schneider)
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Wird man zum Abendessen eingeladen, bringt man eine möglichst gute Flasche Wein mit.

Manche Traditionen überstehen die Reise von einem Kontinent zum anderen nur schlecht. BYO-Partys zum Beispiel, also Feste, wo jeder Gast sein eigenes Essen und Trinken mitbringt (Bring Your Own), und die sich vor allem in Australien größter Beliebtheit erfreuen. Dort ist es völlig normal, wenn die Gäste mit ein paar blutigen Steaks und einem Sixpack Bier in der Hand vor der Tür stehen, wenn man zu einem Barbecue geladen hat.

Wobei, genau genommen, in Australien gar keine Gäste vor der Tür stehen, da die Türen ohnehin offen sind und man sich selbst hereinlässt. Klingeln tut hier nur der Pizzabote. Bei uns hat das Prinzip BYO hingegen nie so richtig gegriffen. Essen wird vielleicht zu Studentenparties mitgebracht, und dabei geht es eher um Basisnahrung. Meistens handelt es sich bei den Mitbringseln daher um regional geprägte Aufstrichvarianten (Liptauer, Kartoffelkas, Obatzter) im riesigen Plastikgeschirr und um Alkoholika der Marke billig. Die Hoffnung, dass jemand anderer, meistens der Gastgeber, bessere Qualität anzubieten hat, erfüllt sich dabei oft. Später kehren sich die Vorzeichen. Wird man zum Abendessen eingeladen, bringt man eine möglichst gute Flasche Wein mit. Um Rückschlüsse auf Knausrigkeit oder mangelnde Bildung zu vermeiden, meistens sogar eine viel zu teure.

Über die sich der Gastgeber dann überschwänglich freut, um die Kostbarkeit dankbar zu verstauen und garantiert nicht am selben Abend aufzumachen. Was uns das alles sagen soll? BYO funktioniert nur, wenn man das mit dem Mitbringen richtig versteht. Und wenn es sich dabei nicht um Steaks und Bier handelt, sondern etwa um Masern, dann ist nicht nur klar, dass manches nicht verpflanzt werden kann, sondern auch, dass Dummheit keine Grenzen kennt.

friederike.leibl-buerger@diepresse.com

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