„Das Elektroauto ist in fünf Jahren konkurrenzfähig“

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bdquoDas Elektroauto fuenf Jahren(c) Michaela Bruckberger
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Veränderungen beim Individualverkehr werden nicht notwendig sein, sagt Peter Reif, Chef der Magna-E-Auto-Sparte. Elektroautos werden in vier bis fünf Jahren Reichweiten von gut 250 Kilometern haben.

„Die Presse“: Welches Auto fahren Sie persönlich?

Peter Reif: Ein deutsches SUV (Pkw mit dem Erscheinungsbild eines Geländewagens, Anm.).

Warum kein Elektroauto?

Reif: Ich wohne im Salzkammergut. Da ist die Reichweite der meisten Elektroautos zu gering, um heimfahren zu können. Und jene, die das schaffen würden, sind für eine Familie zu klein.

Wann werden Sie mit einem Elektroauto zwischen Graz und dem Salzkammergut pendeln können?

Reif: Ich glaube, in vier bis fünf Jahren sollte das möglich sein.

Werden Elektroautos bis dahin ihren Durchbruch geschafft haben?

Reif: Elektroautos werden dann Reichweiten von gut 250 Kilometern haben. Vorerst allerdings nur im Sommer. Im Winter, wenn man die Autos heizt, wird das noch ein wenig geringer ausfallen. Ob das dann schon der Durchbruch ist, ist schwer zu sagen. Demnächst kommen die ersten Elektroautos von großen Herstellern auf den Markt. Viele Modelle haben aber noch Verbrennungsmotoren, sogenannte Range Extender, an Bord. Diese produzieren Strom für den Elektromotor.

Elektroautos sind derzeit ja noch sehr klein und leicht. Wird es große Limousinen oder SUVs überhaupt je als reine Elektroautos geben?

Reif: Ja, mit Sicherheit. Allerdings wird es noch 20 Jahre dauern, bis die Batterietechnik so weit ist. Außerdem wird man Schnellladungen mittels hoher Spannung benötigen. Dann könnte man nach 250 Kilometern Fahrt in einer Viertelstunde die Batterie laden und so mehr oder weniger in einem Zug 500 Kilometer fahren.

Heißt das, dass Elektroautos die CO2-Problematik im Verkehr lösen werden, ohne dass wir am Zugang zur Mobilität etwas ändern?

Reif: Das wird so sein. Nur heißt das nicht, dass dann alles paletti ist. Im Verkehr sind die Emissionsprobleme damit gelöst. Aber die globale CO2-Problematik muss auf der Seite der Energiebereitstellung gelöst werden. Und auch die Verkehrsproblematik mit Staus und fehlendem Raum in den Großstädten bleibt bestehen.

Neue Mobilitätskonzepte, etwa Car-Sharing, braucht man nicht?

Reif: Für mich hat die Elektromobilität damit gar nichts zu tun. Das kann man ja auch mit konventionellen Autos machen.

Sie meinten, es sei schwer zu sagen, wann Elektromobilität den Durchbruch schafft. Wie realistisch sind die Planzahlen der Politik von bis zu 250.000 Elektroautos bis 2020 auf Österreichs Straßen?

Reif: 250.000 Elektroautos sind in diesem Zeithorizont nicht realistisch. Diese Zahl erreicht man nur, wenn man auch Elektromopeds und Elektrofahrräder mitzählt. Ein hehres, aber erreichbares Ziel bis 2020 sind 100.000 Elektroautos.

Und wie wird sich das langfristig entwickeln? Wird es in 40 Jahren noch benzingetriebene Autos geben?

Reif: Ich glaube schon, dass es sie noch geben wird, allerdings werden sie deutlich in der Minderheit sein. Im Jahr 2050 werden sicherlich weit über die Hälfte aller Neufahrzeuge Elektrofahrzeuge sein. Allerdings wird das in den verschiedenen Weltregionen unterschiedlich aussehen. So gibt es viele Regionen, in denen sehr lange Distanzen zurückzulegen sind und wo das Stromnetz schwächer ausgebaut ist als hierzulande. Dort wird man weiter mit Verbrennungskraftmotoren fahren.

Elektroautos sind also vor allem etwas für industrialisierte Staaten.

Reif: Ja. Wobei das nicht unbedingt die westliche Welt heißt. Der Hauptmarkt wird China werden.

Ein Hemmschuh sind höhere Kosten von rund achttausend Euro gegenüber konventionellen Autos. Wann werden E-Autos gleich viel kosten?

Reif: Wir sind davon gar nicht so weit entfernt. Wenn man sich nur den Anschaffungspreis ansieht, dann sind die Kosten sicherlich noch deutlich höher. Und das wird auch noch eine Zeit so bleiben. Rechnet man jedoch die Treibstoffkosten, den Wiederverkaufswert und die Entsorgungskosten hinzu, dann sieht das selbst mit einer achttausend Euro teuren Batterie gar nicht so schlecht aus. Allerdings muss uns klar sein, dass ab einer gewissen Zahl von Elektroautos und dem damit zusammenhängenden Entfall der Mineralölsteuer der Strom für Elektroautos auch wieder steuerlich belastet werden wird.

Beim Elektroauto gibt es eine Reihe neuer Firmen, die für Furore sorgen, beispielsweise Tesla. Werden diese Firmen reüssieren, oder werden die alteingesessenen Hersteller am Ende die Nase vorn haben?

Reif: Es gibt weltweit mehrere hundert Firmen, die an Elektrofahrzeugen arbeiten. Das sind meist kleine Firmen mit zehn bis zwanzig Mitarbeitern, die glauben, die Auto-Welt zu ihren Gunsten verändern zu können. Das halte ich für absurd. Mit ein wenig Geschick kann jeder in seiner Garage ein konventionelles Auto zu einem Elektroauto umbauen. Ein solches Auto mit allen gesetzlichen Auflagen für eine industrielle Serienproduktion zu entwickeln ist jedoch etwas anderes. Die meisten dieser neuen Firmen werden daher wieder verschwinden.

Elektroautos sind ja auch für Magna das Zukunftsthema. Welche Rollewollen Sie dabei spielen?

Reif: Wir sind Entwickler von kompletten Fahrzeugen. Diese Funktion wollen wir auch künftig bei Elektroautos haben. Wir entwickeln schon drei Modelle für große Hersteller. Um wen es sich dabei handelt, darf ich aber nicht sagen.

Was heißt das für Magna in Österreich?

Reif: Der Standort Graz, der ja der größte der Magna weltweit ist und in dem auch als einzigem ganze Autos gebaut werden können, wirdsicher profitieren.

Zusätzlich wollen Sie ja mit einem Partner – im Gespräch ist Mitsubishi – ein Batteriewerk bauen. Wo wird das Werk stehen?

Reif: Das ist noch nicht entschieden. Aufgrund der hohen Investitionssummen – 500 bis 700 Mio. Euro – suchen wir einen Standort, an dem laut EU-Recht die höchsten Förderungen möglich sind. Im Gespräch ist dabei das Burgenland oder Südspanien.

Zur Person

Peter Reif leitet die Elektroautosparte von Magna (E-Car-Systems), die in Graz und Detroit Elektroautos entwickelt. Zuvor war der Salzburger Entwicklungsvorstand bei Magna Steyr. Der studierte Maschinenbauingenieur beschäftigt sich auch in seiner Freizeit mit Autos – er nahm bereits 13 Mal an der Rallye Dakar teil.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.08.2010)

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