US-Defizit gerät völlig aus den Fugen

(c) Reuters (Choi Bu-Seok)
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1400 Mrd. Dollar Fehlbetrag in diesem Jahr – 9,9 Prozent Defizitquote. Gegenüber dem Vorjahr hat sich das Defizit glatt verdreifacht. Verschärft wird die Lage durch einen scharfen Einbruch der Steuereinnahmen.

washington (ag/red). Die globale Finanzkrise trifft den Staatshaushalt der USA besonders hart: Heuer wird das Budgetdefizit der Vereinigten Staaten die unvorstellbare Summe von 1400 Mrd. Dollar (das sind selbst zum derzeit schwachen Dollarkurs umgerechnet noch 953 Mrd. Euro) erreichen. Das wäre das bei Weitem höchste US-Defizit seit dem Zweiten Weltkrieg, nachdem schon im Vorjahr mit 455 Mrd. Dollar ein Rekordwert verzeichnet worden ist. Schuld daran ist ein Mix aus Bankenhilfen, Konjunkturprogrammen und krisenbedingt sinkenden Steuereinnahmen.

Allerdings: Die USA sind die mit Abstand größte Volkswirtschaft der Erde. In Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ist dieses Horrordefizit immer noch beeindruckend, aber nicht mehr ganz so wild: Es macht 9,9 Prozent aus und ist damit annähernd gleich groß wie jenes, das das EU-Mitgliedsland Großbritannien für heuer erwartet. Für amerikanische Verhältnisse ist der Fehlbetrag trotzdem gigantisch: Gegenüber dem Vorjahr hat sich das Defizit glatt verdreifacht. Um die Jahrtausendwende hatten die Amerikaner sogar Budgetüberschüsse erwartet.

Allerdings: Noch bei der letzten Schätzung im August ist man in den USA von einem noch deutlich höheren Defizit (1580 Mrd. Dollar) ausgegangen. Dass es unter dem Strich weniger wird, ist freilich nicht besonderen Sparbemühungen zu verdanken, sondern nur dem Umstand, dass die Pleiten der Immobilienfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac den Staat nun doch ein bisschen weniger kosten als ursprünglich befürchtet. Die beiden Immobilienfinanziererpleiten gelten als einer der wesentlichen Auslöser der Finanzkrise. Fannie Mae und Freddie Mac wurden nach ihrem Zusammenbruch vom Staat übernommen. Über die beiden Institute war ein großer Teil der amerikanischen Immobilienfinanzierungen (und damit auch ein beträchtlicher Teil der Subprimekredite) gelaufen.

Weitere „Sargnägel“ für das US-Budget waren die milliardenschweren Rettungspakete für die übrigen amerikanischen Banken, deren Zusammenbruch wahrscheinlich einen weltweiten Kollaps des Finanzsystems ausgelöst hätte. Und Konjunkturprogramme zur Ankurbelung der Wirtschaft im Ausmaß von bisher 200 Mrd. Dollar.

Verschärft wird die Lage durch einen scharfen Einbruch der Steuereinnahmen: Weil die Wirtschaft langsamer läuft und die Arbeitslosenrate auf zuletzt fast zehn Prozent gestiegen ist, sind die Steuereinnahmen bis Ende August um rund 17 Prozent auf 2100 Mrd. Dollar eingebrochen.

Die nun vorliegende jüngste Schätzung des Budgetbüros des Kongresses ist zwar allgemein erwartet worden, setzt die Regierung aber doch beträchtlich unter Druck. Präsident Obama will ja eine Gesundheitsreform durchsetzen, die das Budget in den kommenden zehn Jahren mit 900 Mrd. Dollar belasten würde. Angesichts der zerrütteten Staatsfinanzen dürfte es für Obama schwierig werden, die Gesundheitsreform durch den Kongress zu bekommen.

Ökonomen haben jetzt die Sorge geäußert, das explodierte Defizit könnte die US-Notenbank dazu bewegen, die Zinsen frühzeitig anzuheben.

auf einen blick

Das Budgetdefizit der USA wird sich heuer verdreifachen und mit 1400 Mrd. Dollar (das sind 9,9 Prozent des US-Bruttoinlandsprodukts) den höchsten Wert seit dem Zweiten Weltkrieg erreichen. Die Finanzierung der Gesundheitsreform von Präsident Obama beginnt damit zu wackeln.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.10.2009)

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