Kritik: Kostendiskussion bei Krebsmedikamenten

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Ein Wiener Onkologe kritisiert die Debatte an der Kosten-Nutzen-Realation von neuen Medikamenten, die die Lebenszeit bei Krebspatienten deutlich erhöhen.

Rund um die modernen auf molekularbiologischer Basis entwickelten Krebsmedikamente tobt derzeit eine heftige Debatte. Kritiker bezweifeln im Gegensatz zu Onkologen die Kosten-Nutzen-Relation. Bei einem vom US-Pharmakonzern Amgen am Montagabend organisierten Hintergrundgespräch betonte der Wiener Experte Christoph Zielinski den Wert der neuen Substanzen. Sie hätten zu großen Überlebensvorteilen für Patienten geführt.

Lebenszeit ist kostbar

Zielinski, Chef der Universitätsklinik für Innere Medizin I am Wiener AKH: "Ich persönlich empfinde es als entsetzlich, in einer Kostendiskussion gewonnene Lebenszeit zu relativieren. (...) Wie kommen Menschen dazu, sich vorwerfen lassen zu müssen, dass sie krank sind und zu uns kommen, damit wir ihnen helfen sollen?"

Erfolge in Zahlen

Biotech-Medikamente wie monoklonale Antikörper und kleine Moleküle der sogenannten zielgerichteten Therapie hätten in den vergangenen Jahren wesentliche Vorteile gebracht. Der Onkologe: "Das mediane Überleben von Brustkrebspatientinnen mit fortgeschrittenen Tumoren betrug vor der Einführung dieser Mittel zwölf Monate, jetzt sind es mehr als 50 Monate." Beim fortgeschrittenen Dickdarmkrebs wären es jetzt mehr als 30 Monate statt ehemals zwölf Monate, bei Eierstockkarzinomen beispielsweise nun 36 statt ehemals ebenfalls zwölf Monate. Die Überlebensrate bei Nierenzellkarzinomen habe sich von 14 auf 28 Monate verdoppelt. Beim Lungenkarzinom seien die Erfolge allerdings noch geringer.

Österreich im EU-Vergleich

Zielinski betonte, dass Österreich mit einer Fünf-Jahres-Überlebensrate von Krebspatienten von 47,5 Prozent bei den Männern und von 57,9 Prozent bei den Frauen im EU-Vergleich (40 bzw. 47 Prozent) sehr gut abschneide. Dies sei auch der durch Studien belegten vergleichsweise schnellen Erhältlichkeit neuer Therapeutika zu verdanken.

Keine neue Diskussion

Die Kostendiskussion, so der Onkologe, dürfe nicht zulasten der Patienten gehen. Sie sei auch nicht neu: "Als wir 1979/1980 das Chemotherapeutikum Adriblastin bekamen, hat das 6000 Schilling gekostet. Das hat uns die Schuhe ausgezogen. 1990 kam 'Taxol'. Das hat 18.000 Schilling gekostet." Da hätte man ähnlich gestaunt. Mit den damals neuen Krebsmitteln sei man sich als Onkologe wie ein "Wunderwuzzi" vorgekommen, weil es vorher nur drei verschiedene Substanzen mit sehr beschränkter Wirkung gegeben hätte.

"Eine notwendige Geldverschwendung?"

Scharfe Medienkritik übte Zielinski jedenfalls an der Veröffentlichung einer Cover-Story in der aktuellen Ausgabe des Nachrichtenmagazins "profil" mit dem Titel "Therapie zum Tod", in dem die moderne Onkologie kritisch beleuchtet wird: "Es ist hier ein Tabubruch passiert, der in der Medienlandschaft einmalig ist. Ich komme aus einem Spital, wo viele solcher Patienten liegen - einer neben dem anderen." Bei Medien-Titelzeilen zur Krebsmedizin wie "Eine notwendige Geldverschwendung?" falle es einem Klinikvorstand schwer, Mitarbeiter nach Dienstschluss zu motivieren, "damit es den Patienten gut geht".

Forschung im Eiltempo

Die Entwicklung in modernen Biomedizin geht rasant. Amgen, das weltweit größtes Biotech-Unternehmen, hat derzeit mehrere Dutzend neue Substanzen in Entwicklung. Von neun Phase-III-Studien zur Wirksamkeit bei großen Patientengruppen konnten vergangenes Jahr vier erfolgreich abgeschlossen werden. Der monoklonale Antikörper Denosumab soll beispielsweise sowohl zur Bekämpfung der Osteoporose als auch in der Behandlung von Knochenmetastasen eingesetzt werden.

(APA)

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