Im Netz der Schuldenkrise

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Die enge Verflechtung der Schuldnerländer macht aus der Griechenland-Krise ein Euro-Problem. Die Wirtschaft in der Eurozone wächst etwas stärker, aber die Staatsdefizite explodieren.

Die Furcht der Notenbanker, dass aus der Staatsschuldenkrise in Griechenland ein gesamteuropäischer Flächenbrand wird, ist nicht ganz unbegründet – wie sich an unten stehender Grafik ablesen lässt. Die Euroländer sind nämlich auch in Sachen Staatsschulden untereinander eng vernetzt, womit das Problem des einen schnell zum Problem aller anderen wird.

In der Grafik sind die Schulden der fünf Euro-Wackelkandidaten Griechenland, Portugal, Irland, Spanien und Italien bei Banken dargestellt. Und die Richtung, in der die Schuldtitel (Staatsanleihen) geflossen sind.

Daran zeigt sich, dass Griechenland noch eines der kleineren Probleme darstellt: Athen ist zwar hoch verschuldet, aber nicht bei den anderen Wackelkandidaten. Größere Verbindlichkeiten (7,5 Milliarden Euro) haben die Griechen nur bei Portugals Banken.

Portugal gilt aber als das nächstgefährdete Land – und als eines, das jedenfalls aufgefangen werden müsste. Deutsche und französische Banken haben in Portugal ähnlich viel „draußen“ wie in Griechenland, man müsste also noch ein Rettungspaket im Ausmaß der Griechen-Hilfe schnüren.

Wenn nicht, wird es haarig: Ein Drittel der portugiesischen Staatsschuld, nämlich 66Milliarden Euro, halten spanische Banken. Spanien hat zwar noch eine relativ niedrige Staatsverschuldung, aber ein hohes Defizit und vor allem eine mit knapp 20Prozent extrem hohe Arbeitslosenrate. Einen Ausfall von 66Milliarden – oder auch nur die Hälfte davon – würde das Land wohl nur schwer verkraften.

Womit die Krise mitten im Eurokernland angekommen wäre. Denn 183Milliarden Euro der spanischen Staatsschuld werden von deutschen Banken gehalten, 169 Milliarden von französischen.

Das Fallen dreier „Dominosteine“ würde also reichen, um die zwei größten Volkswirtschaften der Eurozone in die Krise zu stürzen. Die größte Gefahr lauert aber im hoch verschuldeten, wenn auch nicht unmittelbar gefährdeten Italien: Mit in Rom emittierten Staatsanleihen haben sich französische Banken extrem stark eingedeckt. Ein Ausfall Italiens würde bei diesen Banken einen Abschreibungsbedarf von 393Mrd. Euro auslösen. Eine Summe, die einem Fünftel des französischen Bruttoinlandsprodukts entspricht – und wohl nicht zu verkraften wäre.

Dass die Sache ernst gesehen wird, zeigt ein am Dienstag bekannt gewordenes internes Papier aus dem Finanzministerium: Demnach würde ein Ausfall Griechenlands Österreich unmittelbar fünf Mrd. Euro kosten – über gleichzeitige Schockwellen in Osteuropa aber noch viel teurer kommen.

Und: Ein Auseinanderbrechen der Eurozone könnte die österreichischen Exporte um bis zu 40 Mrd. Euro einbrechen lassen. Eine Katastrophe, wenn man weiß, dass das gesamte Exportvolumen zuletzt 94 Mrd. Euro betragen hat.

Budgetpolitik mit rosa Brille

Erschwert wird der Abbau der Schuldenberge dadurch, dass alle Finanzminister zu optimistische Annahmen über das Wachstum machen, warnte Wirtschafts- und Währungskommissar Olli Rehn am Mittwoch bei der Vorstellung seiner Frühjahrsprognose.

Besonders krass ist diese Selbstüberschätzung im Fall von Griechenland. Finanzminister Giorgios Papakonstantinou gab im Jänner gegenüber Brüssel an, dass die griechische Volkswirtschaft heuer um 0,3Prozent schrumpfen, aber schon 2011 um 1,5Prozent wachsen wird.

Rehns Ökonomen hingegen erwarten, dass das Bruttoinlandsprodukt (einschließlich der am letzten Wochenende beschlossenen Sanierungsmaßnahmen) heuer um vier Prozent schrumpft und 2011 um weitere 2,5Prozent.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.05.2010)

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