Klagen über Illoyalität, Rufe nach Pröll

Mikl-Leitner/ Sebastian Kurz
Mikl-Leitner/ Sebastian Kurz(c) APA/ROBERT JAEGER (ROBERT JAEGER)
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In der ÖVP klagt man über „Heckenschützen“ und den hohen „Verbrauch“ an Parteichefs. Und man wünscht sich Zusammenhalt: „Es kann nicht so weitergehen.“

Wien/Alpbach. Zumindest einer in der ÖVP behielt nach dem Rücktritt von Parteichef Michael Spindelegger den Humor. „An apple a day keeps all Kummer away“, so Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter, der zuletzt für österreichisches Obst warb. Ansonsten hielten sich die ÖVP-Regierungsmitglieder zurück. Es sei alles gesagt, meinte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner: „Die Entscheidung des Herrn Vizekanzler ist zu akzeptieren.“ Außenminister Sebastian Kurz – selbst als Nachfolger gehandelt – meldete sich vorerst nur in seiner Funktion als JVP-Chef zu Wort: „Die Entscheidung ist ein mutiger Schritt.“

Ansonsten ging es in den Reaktionen aus dem ÖVP-Umfeld nicht zuletzt um eines: um die Illoyalität in der eigenen Partei. Diese sei eine „Unsitte“ in der ÖVP, sagte Ex-EU-Agrarkommissar Franz Fischler – der aber nicht ganz ohne Seitenhiebe auf Spindelegger als Finanzminister auskam. „Meiner Meinung nach war es ein Fehler von Anfang an, dass er das Amt angetreten hat. Ich denke, ein Finanzminister sollte sich gerade in einem kleinen Land auskennen, um Erfolg zu haben.“

„Aussprache mit Länderchefs“

„Es kann bei uns nicht so weitergehen, dass wir alle drei Jahre einen neuen Parteiobmann brauchen“, kritisierte der frühere ÖVP-Klubchef und jetzige Zweite, Nationalratspräsident Karlheinz Kopf. Ähnlich Claus Raidl, Nationalbank-Chef und lange Berater von Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel: „Die ÖVP muss jetzt wirklich sehr vorsichtig sein, denn es ist jetzt der dritte Parteiobmann, der nicht am politischen Gegner zerschellt, sondern an innerparteilichen Strukturen und Heckenschützen.“ Gemeint ist damit die Westachse (siehe Bericht Seite 4). Man müsse darüber diskutieren, warum die ÖVP „so viele Parteiobmänner verbraucht hat“, forderte auch der schwarze EU-Abgeordnete Othmar Karas. Es brauche eine „Aussprache mit den Länderchefs“.

Ex-ÖVP-Chef Erhard Busek indes schlägt den niederösterreichischen Landeschef Erwin Pröll als interimistischen Obmann vor: „In der Situation müsste der Pröll übernehmen, vom Standing her die gewachsene Figur, der eine gewisse Stärke repräsentiert. Im Krisenmanagement muss man eine starke Figur nehmen und nicht einen, der von der einen Ecke in die andere geschubst wird.“

Landeschef Erwin Pröll verteidigte Michael Spindelegger: „Vor allem hat er schwierige Probleme im Finanzressort übernommen und dabei für vieles den Kopf hingehalten, wofür er aber schon gar nichts konnte.“ (beba/eid/hell/ib/uw)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.08.2014)

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