Wirtschaft: Hier Österreich, dort der Rest der Welt

Maria Fekter
Maria FekterAPA
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Die heimische Regierung sieht Österreich als Vorbild für die anderen EU-Länder. Nur, dass nicht alles so schön ist, wie es scheint. Im aktuellen Wettbewerbsranking des Instituts verlor Österreich gleich zehn Plätze.

Wien/Hie. Der Gipfelsieg ist nahe – allerdings sind Wolken im Hintergrund. So interpretierte ein Mann im Publikum das Titelblatt des aktuellen Wirtschaftsberichtes der Bundesregierung, auf dem ein Wanderer sicheren Schrittes auf den Gipfel zumarschiert. Und trifft damit ziemlich genau die Botschaft, die auch die Regierung unter das Volk bringen will. Sie lautet sinngemäß: Der österreichischen Wirtschaft geht es gut. Nur die Probleme einiger unserer schlimmen Nachbarn könnten der heimischen Konjunktur unter Umständen die Laune verderben.

Die Wachstumsprognosen für die heimische Wirtschaft liegen für heuer zwischen 0,6 und 0,8 Prozent. Und das auch nur, wenn die Eurozone auf Kurs und das große Fiasko ausbleibt. Von diesen Unsicherheiten war am Montag auf dem Podium aber nur am Rande die Rede. Arbeitsmarkt, Konsolidierung, Außenhandel, Innovation: Geht es nach den Ministern, glänzt Österreich fast durchgehend. Kein Anlass für „tatenlose Selbstzufriedenheit“, aber: „Ich glaube, wir stehen wirklich gut da“, sagte Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP). So wachse Österreich das elfte Jahr in Folge stärker als der EU-Schnitt.

Geht es nach den vier Regierungsmitgliedern, darf sich Österreich getrost als Vorbild für die anderen EU-Mitglieder sehen. „Das österreichische Modell hält in Europa Einzug“, sagte etwa SPÖ-Verkehrsministerin Doris Bures. Dabei durfte die Sozialdemokratin auf die Zustimmung der Finanzministerin zählen: Haushaltsdisziplin und Maßnahmen für mehr Wachstum müssten sich nicht ausschließen, so Maria Fekter (ÖVP). Auch Wirtschaftsminister Mitterlehner meinte, dass sich Wachstum und Konsolidierung verbinden ließen.

Der Rettungsschirm ESM kostet laut Fekter zwar viel Steuergeld. Man müsse aber solidarisch mit anderen Ländern sein, damit sich die Eurozone stabilisiere. Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) verwies auf die gute Beschäftigungslage, sie sei so hoch wie noch nie. Österreich habe den 17. Monat in Folge die niedrigste Arbeitslosigkeit in der EU.

Österreich, ein Land ohne echte Probleme? Nun ja. Die Experten des renommierten Schweizer Instituts IMD sehen das anders. Im aktuellen Wettbewerbsranking des Instituts verlor Österreich gleich zehn Plätze und landete nur noch auf dem 21.Rang. Ähnlich der Befund der Weltbank und des Wirtschaftsprüfers PwC: Die im internationalen Vergleich hohen Steuern schadeten dem Standort, stellen sie in einem aktuellen Bericht fest.

Laut den Experten von IMD könne Österreich zwar auf gute Betriebe und produktive Arbeitskräfte zählen. Aber die hohe Abgabenquote und mangelnde Effizienz in der Verwaltung drücken Österreich im Ranking nach unten. Andere Wirtschaftsvergleiche der vergangenen Wochen zeichnen ein ähnliches Bild. Das ließ Mitterlehner nicht auf sich sitzen: Im Wirtschaftsbericht wird etwa kritisiert, dass die Stichproben für die Rankings teilweise zu klein und damit nicht repräsentativ seien.

900.000 Teilzeitbeschäftigte

Auch die niedrige Arbeitslosenrate ist mit Vorsicht zu genießen. Erstens arbeiten von den 3,5 Millionen Beschäftigten 900.000 in Teilzeit, worauf auch Hundstorfer hinwies. Zweitens argumentieren Kritiker, dass die Arbeitslosenstatistiken durch teure AMS-Schulungen und die immer noch hohe Zahl an Frühpensionisten geschönt seien. Herr und Frau Österreicher verabschieden sich mit durchschnittlich 58,1 Jahren in den Ruhestand, der dann 25 Jahre dauert. Die Bundeszuschüsse für die Pensionen werden heuer mit 10,2 Mrd. Euro höher sein als die Neuverschuldung.

Richtig gut geht es den Exporteuren: Österreich hat einen Leistungsbilanzüberschuss, es wird also mehr produziert als konsumiert. Zuletzt konnten die Betriebe die Exporte in die Wachstumsmärkte außerhalb der EU um zwei Mrd. Euro steigern.

(c) Die Presse / HR

Die hohe Beschäftigung führe zu höheren Steuereinnahmen, sagte Fekter. 2016 werde Österreich ein ausgeglichenes Budget ausweisen. Ohne einschneidende Reformen könnte aber auch das ein frommer Wunsch bleiben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.07.2012)

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