Mehrere Kirchen in der Schweiz kritisieren zwar die Anti-Minarett-Kampagne der SVP, sind aber gegen ein Verbot der Plakate. Denn sie würden zumindest "etwas in Bewegung bringen".
In der Debatte über die sogenannte Anti-Minarett-Initiative haben sich die Schweizer Kirchen grundsätzlich gegen Plakatverbote ausgesprochen. Der römisch-katholische Bischof von Sion (Sitten), Norbert Brunner, der Präsident des Evangelischen Kirchenbundes, Thomas Wipf, und der Vorsitzende des evangelischen Freikirchen-Verbandes, Max Schläpfer, haben ein solches Verbot als den falschen Weg bezeichnet, mit dieser Initiative umzugehen.
Weder die Plakate der Anti-Minarett-Initiative noch jene der Freidenker sollten ihrer Ansicht nach untersagt werden, erklärten die kirchlichen Repräsentanten am Wochenende in Zeitungsinterviews mit dem "Landboten" und der "Thurgauer Zeitung".
Plakate den Bürgern zumutbar
Man dürfe dem Stimmbürger zumuten, dieses "entlarvende Plakat" selber zu beurteilen, erklärte Wipf. Für Schläpfer bringt es immerhin die "Angst vor einer Islamisierung unserer Gesellschaft zum Ausdruck". Die Initiative sei aber "völlig ungeeignet, um diesen Befürchtungen entgegenzutreten", betonte Bischof Brunner. Bei aller Ablehnung der Initiative würde er nie so weit gehen, die Plakate zu verbieten.
Der Bischof gab indes zu, selber schon einmal "im Talar gewisse Plakate, die sich gegen den Papst, die Bischöfe und gegen die christlichen Kirchen wandten, entfernt zu haben". Auch das Plakat der Freidenker-Vereinigung "Da ist wahrscheinlich kein Gott..." sollte nach Ansicht der hohen Kirchenvertreter nicht verboten werden. "Das Plakat ist zwar anstößig, bringt aber auch etwas in Bewegung", räumte Wipf ein.
Kritik am Plakat wegen Pauschalisierung
Die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus (EKR) übte heftige Kritik an dem Plakat, das Vorurteile nähre, pauschalisierend sei und den Islam als negativ bedrohend darstelle. In den Augen der Anti-Rassismus-Kommission suggerieren die SVP-Plakate, dass von der muslimischen Minderheit eine Gefahr ausgehe und man diese fürchten müsse.
Es entstehe der Eindruck, dass die Muslime die Schweizer Bevölkerung beherrschen wollten, Frauen unterdrückten und die Grundrechte missachteten. Dies komme einer Diffamierung der friedlichen muslimischen Schweizer Bevölkerung gleich und sei für den sozialen Zusammenhalt nicht förderlich.
Volksabstimmung über einen Satz
Über das von der rechtsgerichteten Schweizerischen Volkspartei (SVP) und anderen Gruppen initiierte Anti-Minarett-Volksbegehren, für das 113.000 gültige Unterschriften zusammengekommen sind, wird am 29. November eine Volksabstimmung durchgeführt. Der Abstimmungstext besteht aus einem einzigen Satz, der dem Artikel 72 der schweizerischen Bundesverfassung zu Kirche und Staat beigefügt werden soll: "Der Bau von Minaretten ist verboten."
Vier Minarette stehen schon in der Schweiz, nämlich in Genf, Zürich, Winterthur und in der Nähe von Olten.