Vindobona-Chef Schmidleitner: "Ich bin nicht lustig"

Vindobona-Betreiber Albert Schmidleitner
Vindobona-Betreiber Albert Schmidleitner(c) Michaela Bruckberger
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Seit Samstag hat das Kabarett Vindobona wieder geöffnet. Der neue Chef Albert Schmidleitner ist ein Altbekannter aus der Wiener Kabarettszene, das Vindobona seine dritte Bühne.

Wien hat seit Samstag eine Kabarettbühne mehr. Wieder eine mehr, muss man eigentlich sagen. Denn das Vindobona in der Brigittenau war schon einmal da, galt in den Achtzigerjahren vielen Berufskabarettisten (und ihren Fans) als eine der wichtigsten Humorbühnen Wiens. Im vergangenen Jahrzehnt war das eher nicht mehr so.

Der neue Chef wirkt müde und ausgelaugt. Der Staub klebt ihm am schwarzen Outfit – Sakko, Jeans, T-Shirt –, die langen, geschwungenen Augenbrauen kräuseln sich gen Himmel. Die vergangenen Wochen hat Albert Schmidleitner auf der Vindobona-Baustelle am Wallensteinplatz verbracht, das Handy läutet im Minutentakt. In der Nachbarschaft – bei der Bank, beim Bäcker oder in der Astoria Allora links neben dem Kabarett – hat er sich schon vorgestellt. Vorstellen muss er sich deshalb, weil man ihn in der Öffentlichkeit kaum kennt.

Dabei ist Schmidleitner in der Kabarettszene ein Altbekannter. In den vergangenen Jahren hat er sich ein kleines Imperium aufgebaut. Das gut gehende Kabarett Simpl, das 2012 seinen 100. Geburtstag feiert, führt er seit fast 30 Jahren, erst im Vorjahr hat er sich selbst ein Spaßzelt vor dem Gasometer aufgestellt. Ein Riesenzelt, das den Namen Palais Nowak trägt und in dem fast 600 Zuseher Platz haben. Und nun nimmt er sich auch noch des zuletzt schwer maroden Vindobona an. Zählt man alle drei Bühnen zusammen, verwaltet der Theatermanager Häuser mit mehr als 1200 Sitzplätzen und ist Arbeitgeber von rund 90 Mitarbeitern. Und er verdient damit auch noch ganz gutes Geld.

Bausünden rückgebaut. Den Umbau für das Vindobona in Höhe von 1,5 Millionen Euro konnte er selbst finanzieren. Hat die Stadt Wien was zugeschossen? „Bis jetzt nicht“, sagt Schmidleitner. Der Vorbesitzer der Brigittenauer Bühne, Wolfgang Gratzl, hat zum Schluss nichts mehr bezahlen können. Der langjährige Vindobona-Chef wollte das Haus umfassend sanieren. „Die hatten alles geplant“, sagt Schmidleitner. Alles und viel zu viel. Insgesamt vier Bühnen mit mehr als 600 Sitzplätzen hat Gratzl ins Vindobona hineinzwängen wollen. „Das ist ein Wahnsinn. Wer soll denn das füllen“, fragt Schmidleitner. Gratzl ging das Geld aus, obwohl die Stadt das Bauvorhaben mit 1,35 Millionen Euro subventioniert hatte. Die Bühne schlitterte 2006 in den Konkurs, die Stadt suchte nach neuen Betreibern. Schmidleitner: „Ich wurde angesprochen.“ Viele weitere Gespräche und neun Monate später hat er zugesagt.

Im Sommer ließ er die Bausünden des Vorgängers rückbauen, am Donnerstag wurde das Haus für Freunde und Kollegen eröffnet. Seit Samstag ist die Bühne wieder bespielt. Mit der Grätzl-Soap „Jägerstraße“, jener Straße, an der das Kabarett liegt. Der Kabarettboss, der selbst die meisten Ideen für Programme hat, etwa für die Cashcow, die „Simpl-Revue“, will im dritten Haus nämlich auch ein neues Genre einführen. Er will Migranten aus der Nachbarschaft einbeziehen, auf der Bühne (für die „Jägerstraße“ hat er Dutzende junge Migranten gecastet) wie im Publikum.

Besonders lustig wirkt der Kabarettmacher während des Gespräches nicht. „Ich bin nicht lustig, nur verrückt“, sagt er. Und: „Kabarettisten geht das Lustige im Alltag auf den Nerv.“ Auch wenn der dreifache Theaterbesitzer derzeit meistens im Vindobona zu treffen ist, wird das Simpl immer seine erste Kabarettliebe bleiben, so wie die der Wiener. Die würden immer glauben, „dass Simpl gehört eh ihnen“. Er begann dort in den Siebzigerjahren als Kulissenschieber zu arbeiten. „Das Simpl hat mich fasziniert.“ 1981 machte ihn der damalige Eigentümer Martin Flossmann zum Geschäftsführer. 1993 übernahm er die Bühne und holte den jungen Schauspieler Michael Niavarani als künstlerischen Leiter an Bord. „Die Beziehung zum Nia ist wie eine Ehe. Manchmal picken wir sehr viel zsamm, dann müssen wir uns wieder aus dem Weg gehen.“

Nach außen hin ist Niavarani der Chef, dabei ist er Schmidleitners Mitarbeiter. Auf die Bühne hat es ihn nie gezogen. „Es wär schlimm, wenn ich auch noch publicitygeil wäre.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.10.2009)

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