Mehr Bier, weniger Herzinfarkte?

(c) APA (Rene Van Bakel)
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Bier hat entzündungs- hemmende Wirkung und macht glücklich. Auch wenn es alkoholfrei ist.

INNSBRUCK. Zur Freude aller Biertrinker: Der Gerstensaft hat entzündungshemmende Wirkung. Das hat aber auch – zur Freude aller Alkohol-Karenzler – alkoholfreies Bier. Das haben Dietmar Fuchs und sein Team vom Institut für Biologische Chemie an der Medizinischen Universität Innsbruck bei In-vitro-Experimenten mit Blutzellen und Bierextrakten herausgefunden. Entzündungslindernd wirkt der Gerstensaft, indem er die Produktion körpereigener Botenstoffe sowie der Substanz Neopterin einbremst. Nur am Rande sei's vermerkt: Im Blutspende-Wesen wird auf Neopterin gescreent, bei erhöhtem Spiegel wird der Betroffene vom Spenden ausgeschlossen.

Neopterin ist vor allem bei chronischer Aktivierung des Immunsystems, die engstens mit einer Entzündungskaskade verbunden ist, erhöht. „Ein ständig überaktives Immunsystem ist aber nicht immer, wie man meinen möchte, von Vorteil“, betont Fuchs. Bei Krebspatienten etwa oder bei Menschen mit Arteriosklerose oder kardiovaskulärer Erkrankung kann es den Krankheitsverlauf beschleunigen.

Und: Je mehr Neopterin im Blut vorhanden ist, desto aktiver sind die Immunzellen, desto stärker fallen die Entzündungsprozesse aus. „Durch die Verminderung der Neopterin-Freisetzung wird auch die Entzündung gehemmt.“ Das bedeute auch in gewisser Weise ein abgeschwächtes Risiko für einen Herzinfarkt, der ja auch durch Entzündungsvorgänge ausgelöst werde.

Und Bier kann nun – ebenso wie Wein, Traubensaft, grüner und schwarzer Tee – die Neopterin-Bildung einbremsen. „Diesen Benefit bringt aber nicht der Alkohol per se, sondern es dürften antioxidative Inhaltsstoffe sein, die das können“, erwähnt der Wissenschaftler. Man sei gerade dabei, diesbezüglich weitere Untersuchungen durchzuführen. „Wir wollen herausfinden, auf welchem Weg Antioxidantien das machen und auf welche Weise etwa Vitamin C und E positive Effekte in der Prävention und Behandlung ausüben.“

Bereits herausgefunden hat man: Bier ist auch in der Lage, den Abbau von Tryptophan zu mindern. Dies ist insofern von Bedeutung als diese Aminosäure die Verfügbarkeit des Glückshormons Serotonin steigert. Das Immunsystem aber baut diese Aminosäure ab, um so Keim- und Tumorwachstum zu unterdrücken, „denn Tryptophan ist ein Wachstumsfaktor“.

Was aber positiv hinsichtlich Keim- und Krebs-Entstehung ist, ist für unsere Seele negativ. Fuchs: „Kranke Leute haben meist zu wenig Tryptophan und dadurch weniger vom Glückshormon und werden deswegen auch oft depressiv.“ Eine Depression kann Bier freilich keineswegs bekämpfen, aber leichte Unstimmigkeiten infolge Tryptophan-Abbaus kann ein Seidel oder Krügerl mitunter schon bessern. „Das sollte aber keineswegs ein Aufruf zum Alkoholgenuss sein“, wirft Fuchs ein, „denn auch alkoholfreies Bier kann den Tryptophan-Abbau unterdrücken.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.06.2008)

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