Mazedonische Heroinmafia: 69 Festnahmen in Wien

Mazedonische Drogenbande Festnahmen Wien
Mazedonische Drogenbande Festnahmen Wien(c) EPA (ZVONKO PLAVEVSKI)
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Mit brutalen Mitteln hat die Bande quasi den gesamten Heroinmarkt in Wien, aber auch in einigen deutschen Städten kontrolliert. Bei der europaweiten Aktion "Dirigent" sind zwei mazedonische Bosse verhaftet worden.

Das Ende für die "Frankfurter Mafia": Die hervorragend organisierte mazedonische Drogenbande, die praktisch den gesamten Heroinhandel in Wien und Frankfurt kontrolliert hat, ist im Zuge der internationalen Polizeioperation "Dirigent" zerschlagen worden. In Wien wurden über mehrere Monate hinweg 69 Personen festgenommen, in Deutschland waren es 300, erklärte General Franz Lang, Direktor des Bundeskriminalamts (BK), am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Wien, an der auch Ljupco Todorovski, der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit in Mazedonien, teilgenommen hat.

Für die Köpfe und Hintermänner der Bande klickten in der Nacht auf Mittwoch in Mazedonien die Handschellen: 29 Verdächtige schnappte die Exekutive in den Städten Skopje, Veles, Sveti Nikole und Gevgelija. 370 Beamte waren im Einsatz. In Österreich wurden seit Beginn der Ermittlungen im November 2009 insgesamt 26,3 Kilo Heroin und 38,5 Kilo Streckmittel sichergestellt. In Deutschland nahm die Polizei den Verdächtigen seit 2007 mehr als 170 Kilo Suchtgift ab. In diesen Zeiträumen erfolgten auch die Festnahmen.

Laut BK handelte es sich zumeist um "Soldaten" - Vermittler und Verkäufer, die den Drogenhandel ausführten. Dafür wurden in Wien spezielle Cafes gewählt, in denen eine stetig wachsende Stammkundschaft, mit der man telefonisch Kontakt hielt, mit "Stoff" versorgt wurde. Die Hintermänner saßen in Mazedonien und koordinierten die Geschäfte ebenfalls via Handy. Bei einem gemeinsamen Zugriff durch die mazedonische Polizei mit Verbindungsbeamten aus Österreich und Deutschland gestern, Mittwoch, konnten die zwei Hauptverdächtigen dingfest gemacht werden.

Gewaltsam Dealer-Kontrolle an sich gerissen

Die äußerst brutal agierende Bande verdrängte die Konkurrenten durch gewaltsame Einschüchterungsmaßnahmen und kontrollierte den Markt. "Sie hatten innerhalb kurzer Zeit den Heroinhandel in Wien übernommen", erklärte Oberst Michael Mimra vom Landeskriminalamt Wien. Die Drogen seien entweder via Belgien, Niederlande oder Deutschland nach Österreich geschmuggelt oder direkt aus Mazedonien ins Land geschleust worden. "Optimale Qualität zu attraktiven Preisen" habe laut Lang ebenfalls dazu beigetragen, dass man den Wiener Markt rasch dominiert hat.

Die Täter waren ausgezeichnet strukturiert, nach Festnahmen wurde das "Personal" innerhalb weniger Tage ersetzt; auch im Fall von sichergestelltem Suchtgift war die Versorgungslücke kurz danach wieder aufgefüllt. 67 der in Wien festgenommenen Verdächtigen wurden in das Landesgericht eingeliefert, viele von ihnen wurden zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Deshalb sei es laut Mimra das Ziel gewesen, die Köpfe der Organisation auszuforschen, was schließlich auch gelang.

"Einer der größten Schläge gegen OK"

Der Drogenring soll den Heroinhandel in vielen weiteren europäischen Staaten organisiert haben. Gegen die zwei nun verhafteten Hauptverdächtigen sowie drei weitere Personen bestanden internationale Haftbefehle. Den mutmaßlichen Köpfen der Mafia wird neben Drogenhandel auch Geldwäsche vorgeworfen. "Es handelt sich bei der Operation 'Dirigent' um einen der größten Schläge gegen die organisierte Drogenkriminalität in Europa", betonte Lang. "Die Operation ist ein Musterbeispiel der internationalen Zusammenarbeit."

Laut BK wurde Heroin in sehr hoher Qualität mit bis zu 60 Prozent Reinheitsgehalt angeboten. Das Suchtgift wurde gestreckt (Reinheitsgehalt von 30 bis 40 Prozent) an Händler verkauft. Als Kuriere fungierten junge, unbescholtene Mazedonier, die die Drogen nach Österreich brachten und in Briefkästen in Wien deponierten. Von dort wurden sie dann von den Mittelsmännern abgeholt. Der Preis für das Gramm Heroin betrug 30 bis 40 Euro. In Wien wurden täglich mindestens 80.000 Euro Gewinn gemacht.

Mazedonien als Drogen-Transitland

Mazedonien ist ein Transitland auf der Balkanroute, über die Heroin von Afghanistan nach Europa geschmuggelt wird. Auch Österreich ist meist nicht der Zielmarkt, sondern nur Durchgangsland auf dem Weg in den Westen.

Beschlagnahmungen - auch im größeren Stil - wirken sich auf den illegalen Heroinmarkt kaum aus. Weltweit wurden im Jahr 2009 geschätzte 657 Tonnen Heroin hergestellt. Im Jahr zuvor waren weltweit 75 Tonnen beschlagnahmt worden, davon in Europa 23,6 Tonnen.

Beim Gebrauch von Opioiden gibt es in Europa einen neuen Trend. Speziell Heroin dürfte weniger injiziert, dafür mehr geschnupft werden. Auch Österreich ist davon betroffen: Ein Drittel der Opiat-Konsumenten, die sich in Behandlung begeben, führen an, das Suchtgift hauptsächlich zu schnupfen. Rund ein Drittel der Opioidkonsumenten in Österreich und etwa die Hälfte der Konsumenten in Griechenland und Frankreich gaben an, die Droge hauptsächlich zu schnupfen.

Mehr: Heroin - vom Hustenmittel zur Droge

(c) APA

(APA/Red.)

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