Paralympics: Die zweite Halbzeit hat grandios begonnen

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Der Zuschaueransturm bei den Paralympics in London zeigt, welchen Wert der Sport für den Menschen hat. Das Event ist auf einem guten Weg, auch die Bewegung für Behindertensportler in Österreich voranzutreiben.

Es war bloß ein Aufwärmen für Andreas Onea (S 8). Über 100 Meter Schmetterling wurde er 16. Von 18 Teilnehmern, immerhin mit neuem österreichischem Rekord in 1:09,43 Minuten. Onea: „Das freut mich natürlich sehr, aber mein Hauptrennen, die 100 Meter Brust, kommt erst am Samstag.“ Wenn alles klappt, geht es dann um eine Medaille.

Die Paralympics begannen in einer Welle von Freude und Erwartung, die zweite Hälfte der Sommerspiele wird gern als die „wahre Halbzeit“ bezeichnet und die Olympischen Spiele als die „Aufwärmrunde“. Die Menschenmassen, die am Donnerstagmorgen von der Londoner Stratford-Station zur Schwimmhalle strebten, mögen ein wenig kleiner gewesen sein als die Mengen vor drei Wochen, als Michael Phelps und Markus Rogan zu beobachten waren.

Die Zuschauer hier sind freilich nicht auf derartige Vergleiche aus, und das ist auch gut so. Auch Bundespräsident Heinz Fischer hat bei der Eröffnung des Österreich-Hauses extra darauf hingewiesen, einen Konkurrenzkampf zwischen behinderten und nicht behinderten Sportlern oder deren Events zu vermeiden. Er hatte vor, vor einem der beiden Sommerspiele die österreichische Werbeniederlassung in London zu eröffnen, und entschied sich für die Paralympics, weil sie in den vergangenen 50 Jahren, seit sie in Rom 1960 zum ersten Mal ausgetragen wurden, einen ungeheuer weiten Weg von der Ignoranz der Öffentlichkeit zum umjubelten Ereignis zurückgelegt haben. Und weil man in ihnen „vielleicht noch deutlicher erkennen kann, welchen Wert der Sport für den Menschen hat“. Die Präsidentin des Österreichischen Paralympischen Komitees, Maria Rauch-Kallat, und Generalsekretärin Petra Huber hoffen, dass bereits am Wochenende das Team die ersten Medaillen geerntet haben wird. Das wird auch Sport- und Verteidigungsminister Norbert Darabos freuen. Darabos ließ sich, offenbar in Erinnerung an seine Unmut stiftenden Bemerkungen über einige nicht ganz so tolle Mitglieder des ÖOC-Teams, diesmal in London zu keinen Prognosen hinreißen.

Also sprach Stephen Hawking

In der grandiosen Eröffnungsfeier am Vorabend war das von Fischer angesprochene Motiv von der Menschwerdungshilfe Sport in vielfältiger Weise abgehandelt worden. Das ausverkaufte Olympiastadion vibrierte vor Begeisterung, als der vielleicht beste und jedenfalls bekannteste Physiker Stephen Hawking von der grenzenlosen Kreativität und Schaffenskraft des Menschen sprach. Hawkings Worte lösten sich aus seinem durch eine schwere Krankheit zerstörten Körper wie durch ein Wunder und an Wunder zu glauben geneigt war auch die unter kühlem, blauem Himmel versammelte Abendgemeinde. Einige der ewigen Ideen und Sehnsüchte des Menschen, Grenzen, Schwerkraft, Ideen und Schwerelosigkeit wurden auf dem Riesentableau des Stadions inszeniert und dem Willen des Menschen, über den Menschen hinauszuwachsen, sozusagen als Aufgabe gestellt.

Das meinte wohl Fischer, wenn er vom Zeichen sprach, das der Paralympische Sport darstelle, und von der Genugtuung, dass er an Anerkennung und Wertschätzung gewonnen habe. Daher kann es kein grundsätzliches Problem darstellen, das einschlägige Gesetz zu ändern und behinderten Sportlern in Österreich demnächst das Bundesheer und andere zivile Institutionen als Arbeitgeber und Unterstützer von Paralympikern zu öffnen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.08.2012)

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