Studie: Muslime träumen vom besseren Job, nicht vom Jihad

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Muslime lehnen Gewalt als politisches Mittel stärker ab als Nicht-Muslime. Das ist eines der Ergebnisse einer Studie, für die das Gallup-Institut weltweit 50.000 Muslime befragt hat.

Einer umfassenden Studie des Gallup-Institutes befinden wir uns in keiner Weise am Rand eines Kampfes der Kulturen, bei dem der Westen auf der einen und über eine Milliarde Muslime weltweit auf der anderen Seite für ihre Sicht der Dinge.

Der typische Muslim wünscht sich demnach nicht den Jihad, den Heiligen Krieg gegen die Ungläubigen, sondern schlicht einen besseren Job, so eines der Ergebnisse der Studie. Und er identifiziert sich - bei aller Bedeutung der Religionszugehörigkeit - zumindest in England mehr mit dem Staat als ein Nicht-Muslim. Er hat mehr Vertrauen in die demokratischen Institutionen und erachtet Gewalt zumeist nicht als zulässig, um "noble Ziele" durchzusetzen.

50.000 Befragte

Die Studie wurde über einen Zeitraum von sechs Jahren erstellt und basiert auf mehr als 50.000 Interviews in 40 muslimischen Ländern bzw. Ländern mit muslimischer Bevölkerung. Laut Gallup ist sie repräsentativ für 1,3 Milliarden Muslime weltweit.

Henry Hogger, britischer Diplomat außer Dienst ist im Auftrag des Gallup-Instituts nach Wien gekommen, um die neuen Daten zur muslimischen Bevölkerung zu verbreiten. "Religiöse und nationale Identität ergänzen einander, sie stehen nicht im Widerspruch zueinander", so Hogger zu den Erkenntnissen aus London im Gespräch mit der Tageszeitung "Standard".

Auch Muslime in der islamischen Welt nennen den Islam zuerst, ohne sich den Vorwurf nationaler Illoyalität einzuhandeln. Hogger machte darauf aufmerksam, dass auch in den USA 50 Prozent von befragten Nicht-Muslimen die Religion in ihrer persönlichen Bedeutung vor dem Staat reihen. Keiner würde sie deshalb als schlechte Staatsbürger bezeichnen.

Mehr Muslime lehnen Gewalt als politisches Mittel ab

Die Umfrage birgt weitere Erkenntnisse: In London etwa lehnen verhältnismäßig mehr Muslime Gewalt als zulässiges politisches Mittel ab als Nicht-Muslime (81 zu 72 Prozent). In Berlin ist das Muster laut "Standard" mit 94 zu 75 Prozent sogar noch deutlicher.

"Den Westen" sehen Muslime laut der Studie nicht als monolithische Gesamtheit. Sie differenzieren abhängig von der jeweiligen Politik der einzelnen Staaten. Nach den Vorzügen des "Westens" gefragt, bewundern Muslime dasselbe wie Amerikaner. Geschätzt werden Demokratie und Technologie, kritisiert werden der moralische Verfall und der Verlust traditioneller Werte. Auch Angriffe auf Zivilisten lehnen Amerikaner wie Muslime gleichermaßen ab. Und muslimische Frauen hegen laut der Umfrage gleichermaßen den Wunsch nach Gleichberechtigung wie den Wunsch nach Religion in der Gesellschaft.

(APA/Red.)

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