Gedankengesteuerte Bionik-Prothese aus Wien

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Ein Steirer ist der weltweit erste Träger einer neuartigen Armprothese. Sie wurde von einem Wiener Unternehmen in Zusammenarbeit mit dem US-Verteidigungsministerium entwickelt.

"Mit der neuen Prothese kann ich im Alltag alle 'Sachen' ohne fremde Hilfe machen. Man kann sich gar nicht vorstellen, wie das ist, wenn man fremde Hilfe beim Gang auf das WC, beim Essen und beim Waschen braucht." Dies erklärte am Dienstag der 20-jährige Steirer Christian Kandlbauer bei einer Pressekonferenz in Wien aus Anlass der Präsentation der von dem Wiener Unternehmen Otto Bock gemeinsam mit US-Partnern entwickelten gedankengesteuerten Armprothese. Der junge Mann hatte bei einem Stromunfall im Herbst 2005 beide Arme verloren.

Die als Prototyp vorliegende High-Tech-Armprothese, die sieben Gelenke bzw. Freiheitsgrade vom Schultergelenk bis zur Hand ersetzen kann, wird eine wesentliche Neuerung darstellen. Hans Dietl, Geschäftsführer des Unternehmens in Wien, das Teil des deutschen Otto-Bock-Konzerns ist: "Diese Armprothese ist medizinisch und technisch eine Sensation. Die gedankengesteuerte Prothese ermöglicht eine intuitive Steuerung. Der Patient denkt an die Bewegung seines verloren gegangenen Arms. Dem Anwender stehen mehr Gelenke zur Verfügung, die simultan gesteuert werden können."

Das wird möglich, indem bei dem Patienten nach der Amputation des Armes vorhanden gebliebene Nerven in Muskelresten, die ehemals den gesunden Arm bewegten, in getrennt zu versorgende Anteile von Brust- und Rückenmuskeln von Plastischen Chirurgen umgesetzt werden. Dort wachsen sie ein. Der Patient trainiert täglich die verschiedenen Bewegungsmuster, bis von den Muskelgruppen bei Kontraktion ausreichend starke elektrische Impulse abgenommen werden können. Sie werden von der eingebauten Elektronik entziffert und in Steuerungssignale für die Prothese umgewandelt. Dadurch wird der künstliche Arm direkt vom Gehirn gelenkt.

Bisherige Prothesen waren schwierig zu steuern

Die bisher vorhanden und von Muskelimpulsen gelenkten Hand- und Armprothesen waren viel schwieriger und unzulänglicher zu steuern. Dietl: "Die Bewegungen mussten bewusst und aktiv ausgeführt werden. Es waren nur drei Freiheitsgrade möglich." Weiters konnte immer nur eine Teilbewegung nach der anderen durchgeführt werden. Der Patient musste dazwischen von einem Gelenk zum nächsten durch ein ganz bestimmtes Muskel-Kontraktionsmuster "umschalten".

Christian Kandlbauer - der Steirer ist der erste Europäer, der mit einem solchen Prototyp-System versorgt wurde - über das monatelange Training, das zum mittlerweile schon sehr fortgeschrittenen Handling der neuen Armprothese führte: "Das Training war am Anfang sehr hart. Es wurde aber immer leichter. Ich freue mich, dass ich heute hier sein darf. Das sind Entwicklungen, die Menschen wie mir ein Stück Lebensqualität zurückgeben." Und mit den immer besseren Erfolgen steige auch der Ehrgeiz, die neue Prothese noch besser beherrschen zu lernen. (APA)

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