Erdoğan-Kritikerin darf nicht ausreisen

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Eine niederländisch-türkische Journalistin wurde kurzzeitig verhaftet und darf die Türkei nicht verlassen, weil sie den Präsidenten beleidigt haben soll.

Den Haag. Die niederländisch-türkische Journalistin Ebru Umar gab sich kämpferisch. „Ich lasse mich nicht einschüchtern. Ich mache weiter“, schrieb sie über den Kurznachrichtendienst Twitter aus Kuşadası in der Westtürkei. Dass die türkischen Behörden sie einschüchtern wollen, steht für Umar außer Zweifel. In der Nacht auf Sonntag war sie während ihres Urlaubs in der Türkei kurzzeitig verhaftet worden. Am Montag teilte sie mit, dass in der Nacht in ihre Wohnung in Amsterdam eingebrochen worden war. „Ein Computer ist aus meiner Wohnung gestohlen worden,“ schrieb Umar. „Es ist alles sehr beängstigend. Man will mich wohl noch weiter einschüchtern.“

Die Verhaftung der Journalistin hat viele Niederländer geschockt. Zwar wurde sie am Sonntag wieder freigelassen, sie darf die Türkei aber nicht verlassen. Möglicherweise wird ihr dort der Prozess gemacht, weil sie den türkischen Staatspräsidenten, Recep Tayyip Erdoğan, in der vergangenen Woche in einer Kolumne der Zeitung „Metro“ und in einigen Twitter-Botschaften heftig kritisiert hatte. Sie nannte Erdogan den „schlimmsten türkischen Diktator seit 1923“. Ebru Umar besitzt einen niederländischen und einen türkischen Pass. Die Empörung über den Umgang mit der Journalistin zieht sich quer durch alle Medien. Die größte Zeitung des Landes, „De Telegraaf“, titelt: „Angst vor den Türken“. Sie zeigte eine Karikatur, in der der türkische Präsident wie ein hungriger Wolf über Europa herfällt und mit seiner linken Tatze eine Frau zermalmt: Ebru Umar. Der Starkolumnist des „Telegraaf“, Rob Hoogland, nannte Erdoğan einen „Schurken“ und „Idioten“, der Europa erniedrige. „Ich schäme mich inzwischen, dass ich Europäer bin.“

„Schlimmste Erniedrigung“

Der Schriftsteller Leon de Winter schrieb: „Erdoğan wurde beleidigt, diesmal nicht von einem Deutschen, sondern viel schlimmer: von einer türkischen Frau. Er muss nun als Mann und Diktator eingreifen, das erwartet man in der tribal geprägten Ehrenkultur des Islam von ihm.“ Denn eine öffentliche Erniedrigung durch eine Frau sei das Schlimmste, was einem muslimischen Mann passieren könne.

Von vielen niederländischen Türken und Erdoğan-Anhängern wurde Umar in den sozialen Medien dagegen beschimpft, unter anderem als „dreckige Landesverräterin“. Manche schrieben: „Ich bin so froh, dass sie verhaftet wurde.“ Das türkische Konsulat in Rotterdam hatte an alle in den Niederlanden lebende Türken und an türkische Institutionen vor einer Woche folgende Botschaft verschickt: „Mit Nachdruck bitten wir darum, alle Beleidigungen gegen den türkischen Staatspräsidenten, die in Medien und sozialen Medien in den Niederlanden gemacht werden, an uns zu melden.“

In der Türkei wurde am Montag außerdem der regierungskritische Journalist und Chefredakteur der Zeitung „Cumhuriyet“, Can Dündar, zu einer Geldstrafe verurteilt. Er solle rund 9000 Euro Strafe zahlen, teilte sein Anwalt mit. Das Gericht in Istanbul habe entschieden, dass Dündar sowohl Erdoğan als auch dessen Sohn Bilal und mehrere Minister in seinen Kolumnen beleidigt habe. Dündar muss sich mit dem Journalisten Erdem Gül in einem weiteren Prozess wegen Spionage, versuchten Umsturzes und Terrorunterstützung verantworten.

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