Digitaler Durchblick für die Luftfahrt

Themenbild
Themenbild(c) Clemens Fabry
  • Drucken

Computergrafik. Piloten müssen vor allem Daten ablesen und überwachen, was das Flugzeug tut. Eine von Linzer Forschern mitentwickelte 3-D-Datenbrille soll helfen, den Überblick zu bewahren.

Wer als Flieger-Laie einen Blick in eine Pilotenkanzel werfen darf, ist beeindruckt: scheinbar unzählige Zeiger, Lämpchen, Schalter, Schieber, Regler, Knöpfe und Displays. Ganz schwindlig wird einem bei der Vorstellung, all das souverän im Griff haben zu müssen, während draußen das Wetter verrückt spielt und einem 500 Passagiere im Nacken sitzen, die auf eine unversehrte Landung warten.

Und in der Tat ist es für die Piloten auch nicht immer das reine Honigschlecken. Vor allem, weil es neben all den Computeranzeigen ja auch noch die Realität vor dem Cockpit-Fenster gibt. Und auch die will im Auge behalten werden. Unpraktischerweise kann ein menschliches Augenpaar immer nur einen Punkt zur selben Zeit fixieren; drinnen oder draußen.

Oliver Bimber, Vorstand des Instituts für Computergrafik der Uni Linz und Hobbypilot, kennt das Problem: „Die Vernachlässigung der Luftraumbeobachtung, etwa während der Bedienung von Bordcomputern, führt immer wieder zu gefährlichen Situationen. Weil man in der Zeit eben nicht den Luftraum beobachtet. Das ist ähnlich wie beim Telefonieren im Auto.“

Um das Problem zu lösen, sind Bimber und sein Team an der Entwicklung einer 3-D-Brille für Piloten beteiligt. Gemeinsam mit der US-amerikanischen Firma Aero Glass mit Sitz in Budapest.

3-D-Brille für Piloten

Die Brille analysiert alle für den Flug relevanten Daten und projiziert sie, für den Brillenträger, dreidimensional in den realen Luftraum. So kann der Flugzeuglenker zum Fenster hinausschauen, während er gleichzeitig alle technischen Navigations- und sonstige Helferlein im Blick behält.

Bimber bezeichnet die Erfindung als „Revolution in der Luftfahrt“, für die es allerdings einige Hürden zu überwinden galt. Denn einfache ortsunabhängige Daten im Sichtfeld anzuzeigen, wie etwa die Außentemperatur, wäre nicht das Problem. Aber: „In unserem Fall muss die 3-D-Visualisierung von Orten, Flughäfen, Lufträumen, anderen Flugzeugen etc. exakt mit der tatsächlichen Lage der Dinge im Raum übereinstimmen.“

Und dazu muss das System wissen, wo der Pilot gerade hinschaut. Genau diesen Teil der Forschungsarbeit leistet sein Team. Ergebnis: ein Head-Tracking-, also ein „Kopf-Verfolgungs“-System.

Dieses besteht unter anderem aus einer an der Brille montierten Infrarotkamera und Spezialmarkierungen an der Cockpitdecke, die das ausgesandte Licht zurück in die Kamera reflektieren. Eine Software soll daraus Position und Rotation des Pilotenkopfes fortlaufend bis auf ein Grad Genauigkeit bestimmen können, 75 Mal in der Sekunde.

Immer der Nase nach

Allerdings ist es damit nicht getan. Eine knifflige Aufgabe gilt es noch zu lösen. Denn „um eine korrekte Überlagerung der 3-D-Grafik mit der Umgebung zu realisieren“, muss das System auch Lage und Position des Flugzeugs kennen. Dazu gilt es nicht nur die Richtung zu beachten, in der das Flugzeug fliegt, sondern auch die Richtung, in die die Nase des Flugzeugs zeigt.

Diese stimmen beileibe nicht immer überein. „Bei Seitenwind zeigt die Nase des Flugzeuges immer etwas in Richtung des Windes, um in die gewünschte Richtung zu fliegen und nicht vom Wind versetzt zu werden“, erklärt der begeisterte Segel- und Ultraleichtflieger Bimber. Derzeit arbeiten die Forscher noch daran, wie sie diesen Windversatz mittels GPS-Daten, der Geschwindigkeit über Grund sowie der Geschwindigkeit gegenüber der umgebenden Luft herausrechnen können.

Aber schon ab Mitte des Jahres sollen die Aero Glasses mit dem neuen Tracking-System aus Linz von 200 Pilotinnen und Piloten in den USA in der Praxis getestet werden. Auch wenn noch eine Menge Arbeit wartet, Informatik-Professor Bimber ist optimistisch: „Wenn wir das Problem mit der Windkorrektur lösen und die Tests positiv verlaufen, könnte das System bereits am Ende des heurigen Jahrs Marktreife erlangen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.02.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.