Zigaretten: Zollfahndung deckt gigantischen Betrug auf

(c) APA (Barbara Walton)
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Bande betrieb illegale Zigarettenfabriken in Tirol & Salzburg- und war nicht nur in Österreich aktiv.

INNSBRUCK. 5,5 Millionen Stangen Zigaretten im Gesamtwert von 265 Millionen Euro wurden zwischen Jänner 2002 und Herbst 2004 in illegalen Zigarettenfabriken in Tirol und Salzburg hergestellt. Das hat die Innsbrucker Zollfahndung jetzt aufgedeckt.

„Wir hätten nicht gedacht, dass man eine solche Menge illegal bei uns herstellen kann“, sind die Innsbrucker Zollfahnder Dieter Spiegl und Anton Schneider angesichts der Dimension des nun geklärten Falles überrascht. Insgesamt wurden 25 Täter sowie zehn Helfer ausforschen, die zum Großteil geständig sind.

Der Dicke aus den Alpen

Die Bande war nicht nur in Österreich aktiv. Schon 1999 hatten die Verdächtigten im Kosovo illegal Zigaretten hergestellt. Danach betrieben sie ihre Fabriken in Österreich und wanderten – als es ihnen hier „zu heiß“ wurde – nach Deutschland weiter. Dort flog der Fall im März 2005 auf. Was dann folgte, erzählt Ermittlungsleiter Schneider schmunzelnd: „Wir erhielten von den Kollegen aus Deutschland das Foto eines Mannes. Dieser sei für illegale Zigarettenfabriken verantwortlich, heiße Richard, wohne im Tiroler Unterland und fahre Mercedes.“ In Fälscherkreisen sei er als „Der Dicke aus den Alpen“ bekannt. Die Innsbrucker Zollfahndung konnte einen 63-Jährigen ausfindig machen, auf den die Beschreibung passte. Den entscheidenden Hinweis lieferte ein Autohändler, bei dem der Verdächtigte einen Sportwagen kaufte. Was dem Händler auffiel: Der Mann bezahlte bar, mit 20 Euro Scheinen.

An der Aufklärung des komplexen Falles waren insgesamt elf Länder beteiligt. Auch OLAF, das europäische Amt für Betrugsbekämpfung war eingebunden. Dort gibt es eine eigene „Task Force Cigarettes“, die sich bislang vor allem mit dem illegalen Handel, nicht mit der Produktion gefälschter Zigaretten befasste. Doch OLAF-Sprecher Jörg Wojahn erklärt der „Presse“: „In den letzten drei Jahren wurden nach unserer Kenntnis insgesamt zehn illegale Zigarettenfabriken auf dem Territorium der EU entdeckt. Aus unserer Sicht ein wachsendes Problem.“

Drakonische Strafen

Die Fälscher wurden auf freiem Fuß angezeigt. Weil keine Tatwiederholungsgefahr besteht, ist auch der Haupttäter nicht in Haft. Derzeit suchen die Ermittler noch fieberhaft nach dem Geld, das durch den Vertrieb der Zigaretten erwirtschaftet wurde. Unter einem Brennholzstoß am Balkon des Bandenchefs konnten vorerst 100 Kilo Gold sicher gestellt werden. Auch in Bauprojekte in Tirol und Zypern könnte Geld geflossen sein.

Im Falle einer Verurteilung droht den Angeklagten eine drakonische Strafe. 700 Millionen Euro sieht die Finanz als Höchststrafe vor; bis zu fünf Jahren Haft können dazu kommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.01.2008)

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