Karina Sarkissova: „Ich will das Ballett aufwecken“

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Karina Sarkissova bdquoIch will(c) APA/HANS KLAUS TECHT (HANS KLAUS TECHT)
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Vor einem Jahr tanzte Karina Sarkissova beim Neujahrskonzert, dann wurde sie wegen Nacktfotos gefeuert, seither sieht man sie öfter denn je: „Ein Künstler freut sich über große Nachfrage“.

Es gibt Interviewpartner, die zieren sich, wenn man Fotos machen möchte. Karina Sarkissova gehört nicht dazu. Sie hebt die Hände in einer schmeichelnden Pose zum Gesicht, dreht sich, bietet ihre Ballettschuhe als Accessoire an. „Oder“, schlägt sie vor, „vielleicht im Stehen, vor diesem Bild?“ Nein, scheu ist Sarkissova nicht, das Posen liegt ihr. „Warum auch nicht?“, meint sie. „Es ist mein Beruf, für schöne Momente zu sorgen.“

Mit der Idee, das nicht nur auf der Ballettbühne, sondern auch in zwei Magazinen zu tun, hat sich die 27-jährige Staatsopernballerina heuer ein schwieriges Jahr beschert. Erst gab's eine Verwarnung, beim zweiten Mal die Kündigung. Für sie und ihre Familie sei es ein Schock gewesen, erinnert sie sich. Trotzdem habe sie ab dem zweiten Tag wieder trainiert. „Das Einzige, was ich habe, ist mein Tanz, und das darf ich nicht verlieren, egal, was passiert.“ Gleichzeitig sei das positive Feedback aus aller Welt riesig gewesen, auch Angebote habe sie bekommen – und sondiert. „Als Solistin muss man das. Ohne Bühne stirbst du irgendwann.“ Oder, formuliert es die gebürtige Russin um, „du trocknest aus wie ein Vieh in der Wüste“.

Doch warum hat sie ihre Position überhaupt riskiert? „Ein Künstler freut sich über große Nachfrage“, sagt sie. An der ausschlaggebenden Geschichte habe sie vor allem das Interview gereizt – über ihre erste, kleine Filmrolle im neuen „Kottan“. „Wenn man als Nochausländerin in einem Film mit österreichischem Schmäh mitspielen darf, dann ist man mit Leib und Seele hier aufgenommen. Das war eine große Sache für mich.“ Aber natürlich, nickt sie, habe auch die Fotostrecke eine Rolle gespielt. „Nachdem wir an der Oper sehr erotische Produktionen mit viel Körpereinsatz haben, war das nichts Neues für mich. Ich wollte zeigen, was Ballett mit dem Körper macht. Das war der Reiz.“


Am Ende ging die Sache gut aus, seit Oktober ist sie wieder Teil der Compagnie – und fixer Bestandteil der Wiener Society: Eislaufplatzeröffnung, Tier-Charity oder „Licht ins Dunkel“-Gala, Karina Sarkissova ist dabei. „Ich könnte jeden Tag auf fünf Veranstaltungen gehen“, beschreibt sie die neue Prominenz, tatsächlich besuche sie „nur ein oder zwei Events pro Woche, öfter kann ich meine Füße am Abend nicht mehr in Stöckelschuhe quetschen.“ Selektiert würde nach ihren Interessen (Menschen kennenlernen) – und denen ihres achtjährigen Sohnes. „Deutschland sucht den Superstar“-Sieger Mehrzad Marashi zu sehen sei sein Wunsch gewesen.

„Und ich habe dort viel gelernt. Ich hatte eine schlechte Meinung, aber er ist wirklich sehr talentiert.“ Dass Leute ihre Meinung ändern, darin sieht sie auch ihre Chance. „Das Wort Ballett hat in der Öffentlichkeit lange geschlafen. Ich will es wieder aufwecken. Das ist meine Mission: Menschen ins Theater zu bringen.“ Bei der Eröffnung des neuen Sofitel am Donaukanal habe sie kürzlich zu einem Lied von Edith Piaf getanzt. „Danach sind Menschen zu mir gekommen, die noch nie ein Ballett gesehen haben, obwohl sie höchste Positionen in diesem Land besetzen. Sie hatten Gänsehaut – sie haben gedacht, Ballett wäre nur ,Dornröschen‘ und ,Schwanensee‘.“

Modern ist auch die Produktion „Schritte und Spuren“, mit der Sarkissova am 9.Jänner erstmals seit den Turbulenzen wieder auf der Bühne steht. Die Ballerina tanzt darin im Stück „Glow Stop“. „Der Choreograf hat uns erklärt, dass es darin um die Ballettkarriere geht, wie feurig und turbulent sie ist, bevor sie verglüht. Dieses Stück ist meine Wiedergeburt.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.12.2010)

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