Arbeitsmarkt: Ausblick für Zeitarbeiter verschlechtert sich

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Im Vorjahr gab es zum Stichtag 13,2 Prozent mehr Leiharbeiter. Zeitarbeiter werden gerne eingesetzt, wenn ein Unternehmen kurzfristig viele Aufträge abzuarbeiten hat.

Wien/Hie. Befürworter der Zeitarbeit preisen ihre Vorteile: Flexibilität, Abwechslung, Ungebundenheit. Ihre Kritiker hören nicht auf, die Nachteile der Leiharbeit zu beklagen: Lohndumping, ständige Unsicherheit bis hin zu moderner Sklaverei wird ihr vorgeworfen. Trotzdem hat die Zahl der Zeitarbeiter im Vorjahr wieder Höchststände erreicht: Zur Stichtagserhebung am 31. Juli gab es in Österreich 74.783 beschäftigte Zeitarbeiter. Das waren um 13,2 Prozent mehr als im Jahr davor – ein neuer Rekord.

Bei der Zeitarbeit werden Arbeitskräfte bei einem „Überlasser“ beschäftigt. Dieser funktioniert wie eine Arbeitsagentur und vermittelt die Arbeiter an Firmen, die gerade einen erhöhten Bedarf an Arbeitskräften haben. Zu den Überlassern in Österreich zählen unter anderem Trenkwalder, Powerserv, Adecco und Manpower. Etwa ein Viertel der in Österreich „verliehenen“ Arbeitskräfte sind in Angestelltenjobs zu finden, die übrigen sind Arbeiter. 2,3 Prozent der in Österreich Beschäftigten sind Zeitarbeiter, die meisten davon arbeiten in der Industrie.

Zeitarbeiter werden gerne eingesetzt, wenn ein Unternehmen kurzfristig viele Aufträge abzuarbeiten hat. Daher gelten sie als Indikator für die Entwicklung der Konjunktur. Und da deuten die Zeichen eher nach unten: Zwar sei die Nachfrage nach Zeitarbeitern im ersten Quartal noch relativ stabil. Für das zweite Quartal sei es allerdings schon schwierig, einen Ausblick zu geben, sagte Gerhard Flenreiss, Bundesobmann der Personaldienstleister in der Wirtschaftskammer (WKÖ), am gestrigen Montag.

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„Übernahmewelle“ im Vorjahr

„Wir erwarten zwar keine massiven Rückgänge, die Übernahmen von Zeitarbeitern werden aber zurückgehen“, so Flenreiss. Zumal im dritten und vierten Quartal 2011 eine regelrechte „Übernahmewelle“ stattgefunden habe. Jetzt gebe es vielmehr schon Rücksendungen. Im langjährigen Durchschnitt werde etwa ein Viertel der Zeitarbeiter in die Stammbelegschaft übernommen.

Übernommen, also im Betrieb selbst angestellt zu werden, sei aber bei Weitem nicht das Ziel eines jeden Zeitarbeiters, so Flenreiss: Zeitarbeit sei immer weniger ein „Notanker“, um wirtschaftlich zu überleben, sondern zunehmend ein selbst gewählter Lebensentwurf. Zeitarbeit sei die sicherste Form der flexiblen Arbeit, sicherer als ein freier Dienstvertrag. Daher verdiene sie auch mehr Akzeptanz in der Gesellschaft.

Die Arbeitnehmervertretung sieht das anders: „Natürlich gibt es junge Arbeitnehmer, die die Zeitarbeit als das für sie passende Arbeitsmodell sehen. Aber der Großteil der Arbeitnehmer sehnt sich nach einem ordentlichen, fixen Job“, sagt Thomas Grammelhofer von der Gewerkschaft Pro-Ge.

Von Gesetzes wegen sind Zeitarbeiter der Stammbelegschaft in den meisten Punkten gleichgestellt. Arbeitnehmervertreter kritisieren aber regelmäßig, dass es in der Praxis zu Unterbezahlung käme und Zeitarbeiter schlechter behandelt würden als das Stammpersonal. Entsprechende Berichte kamen zuletzt aus Deutschland. Flenreiss von der WKÖ wehrt sich gegen diesen Vorwurf: Zustände wie in Deutschland seien in Österreich rechtlich unmöglich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.01.2012)

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