Wenn das Glas Sekt zum Corpus Delicti wird

(c) BilderBox (Erwin Wodicka)
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Ungenaue und überschießende Bestimmungen sorgen für Kritik. Vor allem Sport- und Kulturveranstalter laufen Sturm gegen das Antikorruptions-Gesetz. Bandion-Ortner plant Novelle.

Wien. Am heurigen Opernball werden viele Gäste fehlen, die dieses gesellschaftliche Großereignis üblicherweise besuchen. Doch nicht nur die Wirtschaftskrise ist es, die viele davon abhält, Feierlaune öffentlich zur Schau zu stellen. Auch das Antikorruptionsgesetz, das seit einem Jahr in Kraft ist, hält viele vom Besuch des Opernballs ab.

Was darf man und was nicht? Diese Frage verunsichert viele – vor allem, weil nach einem Jahr noch immer nicht klar ist, wie das neue Gesetz tatsächlich ausgelegt wird. Das Antikorruptionsgesetz verbietet es Amtsträgern, Geschenke anzunehmen, die in Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit stehen. Doch wer ist ein Amtsträger? Und ab welchem Wert gilt etwas als verbotenes Geschenk? Landet man für die Einladung in eine Opernballloge vor dem Strafrichter? Oder schon für ein Glas Sekt?

Der Begriff Amtsträger ist jedenfalls relativ weit gefasst. Nicht nur Beamte fallen darunter, sondern auch Manager staatsnaher Unternehmen wie des ORF oder der ÖBB. Die Begründung: Beide haben einen öffentlichen Versorgungsauftrag. Und so sind auch schon Anzeigen gegen ORF-Informationsdirektor Elmar Oberhauser und ÖBB-Personalchef Franz Nigl erstattet worden, weil sei bei einer Skiflugveranstaltung am Kulm in VIP-Logen gesichtet wurden.

Vor allem Sport- und Kulturveranstalter laufen Sturm gegen das Antikorruptionsgesetz. Sie fürchten um wichtige Einnahmen, weil viele Firmen beim Sponsoring zurückhaltend werden. Wer fürchten muss, beim Verschenken von Karten für die Salzburger Festspiele mit einem Bein im Kriminal zu stehen, wird auch keine größeren Kartenkontingente mehr ordern.

Novelle bis Jahresmitte

Die Kritik an dem Gesetz zeigt indessen Wirkung. Justizministerin Claudia Bandion-Ortner hat bis Jahresmitte eine Gesetzesänderung angekündigt. Bereits am Freitag wird sich eine Arbeitsgruppe zu dem Thema treffen. „Es geht um Präzisierungen und die Beseitigung von Unklarheiten“, sagt eine Sprecherin der Ministerin. Keinesfalls wolle man das Gesetz selbst aufweichen. Aber wenn sich Beamte nicht mehr trauen, einen Kaffee oder ein Mineralwasser anzunehmen, sei die Verunsicherung zu weit fortgeschritten.

Unterstützt wird Bandion-Ortner von der SPÖ. Justizsprecher Johannes Jarolim kritisiert zu unbestimmte Formulierungen im Gesetz. Es werde eine Gesetzesänderung geben müssen und einen Erlass der Ministerin, in dem quasi als Bedienungsanleitung Fallbeispiele aufgelistet werden, an denen man sich orientieren kann. Auf der anderen Seite plädiert Jarolim aber für eine Verschärfung der Strafen: Diese sollen bei höheren Summen deutlich angehoben werden. Eine unterschiedliche Wertung der Delikte soll schon im Gesetz festgehalten werden und nicht allein dem Richter überlassen bleiben.

Während FPÖ-Justizsprecher Peter Fichtenbauer die Regierungslinie in dem Bereich unterstützt, befürchten die Grünen eine Aufweichung des Gesetzes. „Gerade dieser Graubereich der Einladungen sollte ja sanktioniert werden. Ich sehe keinen Grund für eine Änderung“, sagt Justizsprecher Albert Steinhauser.

AUF EINEN BLICK

Amtsträger machen sich strafbar, wenn sie Geschenke annehmen, die in Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit stehen. Sport- und Kulturveranstalter kritisieren: Sponsoring werde kriminalisiert. Justizministerin Bandion-Ortner will das Gesetz mit Jahresmitte novellieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.02.2009)

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