Erster Weltkrieg im ORF: Opa in der Urkatastrophe

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Zwei sauber gemachte TV-Dokus über den Ersten Weltkrieg.

Den Vater meines Vaters kannt' ich nie. Aber der, Rudolf Greber, war bei der Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts dabei: auf rissigen Schwarz-Weiß-Fotos ein schnauzbärtiger Herr in k.u.k.-Uniform. Seine tirolerisch-vorarlbergische Einheit wurde 1914 nach Galizien geworfen und schmolz im russischen Feuer zusammen. Er wurde schwer verwundet, der Krieg war aus für ihn. Angeblich sprach er später nie viel davon.

Jetzt macht der ORF eine Tür in jene Zeit auf, die hinter den allgemeinen Bewusstseinshorizont gekippt ist. In zwei TV-Dokus behandeln Andreas Novak und Robert Gokl Ursache und Verlauf des Ersten Weltkriegs – und sein Ende, das den Zerfall der alten Ordnung, den Zweiten Weltkrieg, die Spaltung der Welt bis 1989 in Ost und West und allerhand damit verbundene Kriege mit sich brachte.

Stark, welch Filmmaterial die Macher zutage förderten: Von Kaiser Franz Joseph in Ischl über Reitergefechte in Polen, Lawinen an der Dolomitenfront, Giftgas am Isonzo bis hin zu Kämpfen in Deutschlands Afrika-Kolonien, wo Schwarze Lastkarren ziehen und die Peitsche kriegen spannen die Autoren einen intensiven Bogen, ohne die Erzählung optisch zu verschütten. Nachteilig wirkt sich die dramaturgische Dichte aus, um die Ereignisse in je rund eine Stunde zu pressen: Wer kurz ein Bier holt, verliert leicht den Faden; zudem ging die Kürze zu Lasten einiger nötiger Details zum Verständnis des Krieges.

Es gibt den ORF diesseits von „Starmania“

Schön, dass der ORF noch was diesseits von Massenplattheiten wie „Starmania“ zustande bringt, und das zu guter Sendezeit. Schön auch, dass man mit Zeitzeugen sprechen konnte – und einer davon, der Exsoldat Franz Künstler, sagte, was er vom „Kampf für Gott und den Kaiser“ hielt: „Die können mich am Arsch lecken. Und der Papst auch.“

(Mein) Opa hätte es wohl ebenso gesagt.

„Menschen und Mächte Spezial“: „Kaiser Franz Joseph und der 1. Weltkrieg“ (Do, 13.11., 21.05 Uhr, ORF2, bzw. „Ende und Anfang“ (Do, 20.11., 21.05 Uhr, ORF2)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.11.2008)

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