Niedermeyer hat es verabsäumt, sich klar zu positionieren. Nun muss der Elektrohändler 279 von 580 Angestellten kündigen und 53 Filialen schließen.
Wien. Die Luft im Elektrohandel ist dünn geworden. Das zeigt der Sanierungsfall Niedermeyer. Der Elektrohändler muss 279 von 580 Angestellten kündigen, 53 Filialen werden zugedreht. Ist das Schicksal von Niedermeyer aber ein Einzelfall, Resultat von schlechtem Management? Oder ist die ganze Branche gefährdet?
Für WKO-Spartenobmann Wolfgang Krejcik ist klar: „Die Krise eines Unternehmens darf nicht mit der ganzen Branche gleichgesetzt werden.“ Der Branche sei es schon schlechter gegangen als jetzt. 2012 hat der österreichische Elektrohandel seinen Umsatz um 1,5Prozent auf 4,7 Mrd. Euro leicht steigern können. Dennoch gibt Krejcik zu, dass die Elektrohändler an vielen Fronten zu kämpfen haben. An der Internetfront etwa.
Service punktet gegen Größe
„Gegenüber dem Internet kann sich der stationäre Handel nur mit gutem Service profilieren“, ist Krejcik überzeugt. Dieses Konzept geht aber nicht für alle Anbieter auf. „Die Branche polarisiert sich“, findet Regioplan-Branchenexperte Wolfgang Richter. Die Marktführer Media Markt/Saturn setzen auf große Flächen und ein möglichst breites Angebot.
Kleinere Elektrofachgeschäfte wie Red Zac, Elektronicpartner oder Expert, die zusammen eine Einkaufskooperation bilden, machen das kleinere Angebot wett, indem sie beim Service in die Tiefe gehen. „Red Zac hat den Vorteil, keine Kette zu sein. Da steht bei jedem Geschäft der Eigentümer dahinter, der seine Expertise einbringen kann“, weiß Marktforscher Andreas Kreutzer. Der Service gehe weit über die reine Produktberatung hinaus. Dem Kunden würden Problemlösungen angeboten, Antworten auf spezifische Fragen, etwa, wie man seine Hauselektronik per Telefon steuern könne oder wie man seine Satellitenanlage mit dem Computer verbinde. Mit diesem Extra lasse sich ein Preisaufschlag auch rechtfertigen. Vor allem am Land könnten diese Spezialisten punkten.
Teurer Gang ins Internet
Bei den großen Playern auf dem Markt sei diese Art von Service im Geschäftsmodell nicht vorgesehen. Einfach Personal aufzustocken sei bei den geringen Margen und durch den Preisdruck, dem man durch die Konkurrenz – allen voran von Onlinehändler Amazon – ausgesetzt sei, aber keine Option. Das Geschäftsfeld Onlinehandel habe man lange brachliegen lassen, „Mediamarkt und Saturn haben da vor einem halben Jahr gerade noch die Kurve gekratzt“, sagt Richter. Doch nicht jeder kleinere Anbieter könne da so leicht nachziehen, denn für ein gutes Multi-Channeling-Konzept müsse man viel Geld in die Hand nehmen. Für ein Unternehmen mit einer schwachen Eigenkapitaldecke, wie Niedermeyer, ein Ding der Unmöglichkeit, weiß auch WU-Handelsexperte Peter Schnedlitz.
Ein Problem von Niedermeyer sei auch, dass man sich weder im Sortiment noch bei Dienstleistungen in eine Richtung profiliert habe. Vom Fotohändler-Image sei man nie weggekommen, obwohl dieses Sortiment auch anderswo eingekauft werden könne. Weiteres Minus: „Die Standorte sind sehr inhomogen, sowohl was die Größe als auch was Ausstattung und Lage betrifft“, sagt Richter.
Niedermeyer „positiv besetzt“
Konkurrent Hartlauer habe gut daran getan, sich einen Schritt von der Unterhaltungselektronik wegzubewegen und sich mit Brillen und Hörgeräten auf Bereiche zu konzentrieren, die nicht so stark von Innovationsdruck und Preisverfall getrieben seien, so Schnedlitz. Der Elektronikmarkt sei für die Kunden mittlerweile nämlich extrem transparent – siehe Preisvergleichsplattformen wie Geizhals.at. Dennoch sieht Schnedlitz Niedermeyer nicht ganz auf verlorenem Posten. Denn im Gegensatz zum Pleitefall Schlecker sei die Marke Niedermeyer im Kern noch positiv besetzt. Doch Niedermeyer müsse vor allem eines: wieder ein Gesicht bekommen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.04.2013)