Kindergeld neu bringt doppelt soviel

(c) APA (Helmut Fohringer)
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Ab 2010 bis 28.000 Euro im Jahr: Einkommensabhängiges Modell bei höherem Gehalt attraktiver. Eltern in Karenz dürfen bei neuer Kindergeldvariante nicht mehr so viel dazuverdienen wie jetzt.

Wien. Eltern, die im kommenden Jahr Nachwuchs erwarten, können sich darauf einstellen, dass sie aus mehr Modellen für den Bezug von Kindergeld wählen können. Denn zu den drei bisherigen Varianten kommt aller Voraussicht nach ab Jänner 2010 eine vierte dazu: das einkommensabhängige Kindergeld. Dieses wird für maximal 14 Monate (wenn der zweite Elternteil davon mindestens zwei Monate in Anspruch nimmt) ausbezahlt und macht 80 Prozent des letzten Nettojahresbezugs aus, mindestens jedoch 1000 Euro und maximal 2000 Euro netto pro Monat.

Familienstaatssekretärin Christine Marek (ÖVP) und Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) sind gerade dabei, einige noch offenen Punkte zu klären. Eine Einigung ist jedenfalls vor der Sommerpause des Nationalrats vorgesehen, der Beschluss im Nationalrat dann heuer im Herbst.

Warum arbeiten SPÖ und ÖVP an einer neuen Kindergeldvariante?

Die Regierungsparteien wollen mit einer zusätzlichen Möglichkeit für den Bezug von Kindergeld vor allem zweierlei erreichen: Das einkommensabhängige Modell soll erstens das Kinderkriegen für Frauen mit höheren Gehältern attraktiver machen und ihnen die raschere Rückkehr zu Beruf und Karriere ermöglichen und zweitens Karenz für Väter interessanter machen. Viele Väter gehen derzeit nicht in Karenz, weil die Kluft zwischen Aktiveinkommen und Kindergeld oft groß ist und sich die Familie eine so massive Einkommenseinbuße nicht leisten kann.

Macht das neue Modell Kindergeld für Eltern tatsächlich attraktiver?

Das kommt auf die Einkommenshöhe an. Derzeit wird die Langzeitform (36 Monate/436 Euro Kindergeld pro Monat) mit Abstand am meisten genützt. Bei voller Ausnutzung macht das 15.696 Euro aus. Bei der Variante für 24 Monate sind es 14.976 Euro, bei 18 Monaten 14.400 Euro. Bei der einkommensabhängigen Variante macht das Kindergeld künftig mindestens 14.000 Euro aus (1000 Euro mal 14), in der Maximalvariante wären es aber 14-mal 2000 Euro, also 28.000 Euro. Rein rechnerisch ist das fast doppelt so viel Kindergeld wie bei der derzeitigen Langzeitvariante.

Ist der Bezug des neuen Kindergeldes an vorherige Erwerbstätigkeit geknüpft?

Nein. Nach den derzeitigen Überlegungen sollen wie bisher alle Mütter/Eltern profitieren, also etwa auch Hausfrauen, die das Minimum von 1000 Euro erhalten. Ein strittiger Punkt ist offen: Können auch Alleinerzieherinnen das einkommensabhängige Kindergeld die vollen 14Monate erhalten oder nur Paare, von denen der zweite Elternteil mindestens zwei Monate in Karenz geht?

Hat die neue Kindergeldvariante einen Haken?

Ja. Denn aller Voraussicht nach wird der sonst mögliche Zuverdienst bis zu 16.200 Euro im Jahr eingeschränkt. Auf wie viel, ist noch in Diskussion. Experten warnen außerdem, dass die Verwirrung mit vier Kindergeldvarianten für Eltern zu groß werden könnte.

Ist die Neuregelung trotz Sparkurses finanzierbar?

Derzeit machen die Kosten für das Kindergeld rund eine Milliarde Euro aus. Das Familienstaatssekretariat rechnet für die neue Variante ab 2010 mit Mehrkosten von 15 bis 30 Millionen Euro, das Geld ist im Budget reserviert.

1 Variante: 36 Monate

Langzeitvariante: Kindergeld kann maximal 36 Monate bezogen werden(30 Monate ein Elternteil, sechs Monate der andere Elternteil).

Höhe des Kindergeldes: 436 Euro pro Monat

Nutzung: 79 Prozent der Eltern nützen nach den jüngsten Daten dieses Modell, das sind insgesamt knapp 130.000 Bezieher von Kinderbetreuungsgeld.

2 Variante: 24 Monate

Kindergeld kann maximal 24 Monate bezogen werden(20 Monate ein Elternteil, vier Monate der andere Elternteil).

Höhe des Kindergeldes: 624 Euro pro Monat

Nutzung: Heuer im Mai nahmen 26.386 Personen (16 Prozent) diese Variante des Kinderbetreuungsgeldes in Anspruch.

3 Variante: 18 Monate

Die bisher neueste Variante seit Anfang des Vorjahres (15 Monate ein Elternteil, drei Monate der andere Elternteil).

Höhe des Kindergeldes: 800 Euro pro Monat

Nutzung: Sie wird insgesamt noch am wenigsten in Anspruch genommen, nämlich von 8157 Personen (Fünf Prozent), aber die Tendenz ist heuer bereits deutlich steigend.

NEU 4 Variante: 14 Monate

"Einkommensabhängiges" Kindergeld: Soll ab 1. Jänner 2010 gelten, diese Variante kann dann maximal 14 Monate (zwölf Monate ein Elternteil, zwei Monate der andere Elternteil) bezogen werden.

Höhe des Kindergeldes: min. 1000 Euro pro Monat max. 2000 Euro pro Monat 80 Prozent des durchschnittlichen Nettoeinkommens aus dem Jahr vor der Geburt.

Zuverdienstgrenze: Bei den bisherigen Kindergeldvarianten darf bis zu einer Grenze von 16.200 Euro jährlich dazuverdient werden. Beim neuen "einkommensabhängigen" Kindergeld wird die Zuverdienstgrenze auf jeden Fall niedriger sein. Wie hoch das Limit sein wird, war bis zuletzt noch nicht fixiert. Die politische Einigung zwischen SPÖ und ÖVP ist in den kommenden Tagen, jedenfalls aber noch vor der Sommerpause des Parlaments vorgesehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.06.2009)

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