Papst verurteilt Terrorismus "im Namen Gottes"

Friedenstreffen Assisi Papst
Friedenstreffen Assisi Papst(c) AP (Andrew Medichini)
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Beim Weltfriedenstreffen in Assisi waren erstmals auch Vertreter der Nicht-Gläubigen eingeladen. Benedikt XVI. lobte die Menschen, die außerhalb der Religionen nach Wahrheit und dem Guten suchen.

Mit einem Aufruf zum Weltfrieden und gegen religiös begründete Gewalt hat Papst Benedikt XVI. das Friedenstreffen in der mittelitalienischen Stadt Assisi eröffnet. Wenn Terrorismus religiös motiviert werde, dann diene Religion nicht dem Frieden, "sondern der Rechtfertigung von Gewalt", sagte Benedikt am Donnerstag in Assisi vor Hunderten Vertretern von Weltreligionen und Kirchen aus mehr als 50 Ländern. Vor 25 Jahren hatte Benedikts Vorgänger Johannes Paul II. (1920 - 2005) in Assisi zum ersten Weltgebetstreffen eingeladen.

"Als Christ möchte ich an dieser Stelle sagen: Ja, auch im Namen des christlichen Glaubens ist in der Geschichte Gewalt ausgeübt worden", räumte das Oberhaupt von knapp 1,2 Milliarden Katholiken ein. "Wir bekennen es voller Scham", wobei es völlig klar sei, dass dies ein Missbrauch des christlichen Glaubens gewesen sei, erklärte Benedikt vor den in der Basilika von Assisi versammelten Vertretern von Buddhismus, Hinduismus, Islam, Judentum und christlichen Kirchen. Erstmals waren auch vier Vertreter der Nicht-Gläubigen geladen, darunter der frühere Vorsitzende der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ), Walter Baier.

"Folgen der Abwesenheit Gottes"

Seit dem ersten Welttreffen am Geburtsort des Heiligen Franz von Assisi 1986 hätten Frieden und Freiheit sich nicht durchgesetzt, so der Papst. Er geißelte den Terrorismus und Feindseligkeiten gegen Religionen in einer Zeit, die von einem Verlust an Menschlichkeit geprägt sei. "Die Schrecknisse der Konzentrationslager zeigen in aller Deutlichkeit die Folgen der Abwesenheit Gottes", sagte der deutsche Papst. Er sprach von einer "Verwahrlosung des Menschen, mit der sich ein geistiger Klimawandel lautlos und umso gefährlicher vollzieht." Weil Gewalt selbstverständlich werde, zerstöre das den Frieden, der Mensch zerstöre sich in dieser Feindseligkeit selbst.

"Die Religionskritik seit der Aufklärung hatte immer wieder behauptet, Religion sei Ursache von Gewalt und hatte damit die Feindseligkeit gegen die Religionen genährt. Dass hier Religion in der Tat Gewalt motiviert, muss uns als religiöse Menschen tief beunruhigen", führte der Papst aus. Diese Gewalt stelle "die Religionen vor die Frage ihres Wesens" und "zwingt uns alle zur Reinigung". Gleichzeitig sei heute ein anderer Typus von Gewalt "Folge der Abwesenheit Gottes, seiner Leugnung und des Verlusts an Menschlichkeit, der damit Hand in Hand geht". "Die Anbetung des Mammon, die Anbetung von Besitz und Macht, erweist sich als eine Gegenreligion, in der der Mensch nicht mehr zählt, sondern nur der eigene Vorteil."

Neben Religion und Anti-Religion gebe es heute aber noch eine weitere Grundorientierung: Menschen, die keiner Religion angehörten und nicht glaubten, die aber nach der Wahrheit, nach dem Guten und nach Gott suchten, führte der Papst aus. Sie stellten Fragen an die Religion und an die Glaubenden, die Gott als ihr "Besitztum" betrachteten. Sie nähmen aber auch den kämpferischen Atheisten ihre falsche Gewissheit, mit der sie behaupteten, es gebe keinen Gott. Diese Menschen suchten "nach der Wahrheit, nach dem wirklichen Gott, dessen Bild in den Religionen, wie sie nicht selten gelebt werden, vielfach überdeckt ist". Ihr Ringen und ihre Fragen seien damit auch ein Anruf an die Glaubenden, ihren Glauben zu reinigen, damit der wirkliche Gott zugänglich werde.

Humanismus als Erbe des Christentums

Eine Vertreterin der Nicht-Gläubigen, die französisch-bulgarische Psychoanalytikerin und Philosophin Julia Kristeva, rief die Teilnehmer des Treffens dazu auf, sich nicht vor dem Humanismus zu fürchten und "die Zeit des Argwohns" hinter sich zu lassen. "Der säkulare Humanismus ist das oftmals unerkannte Erbe des christlichen Humanismus", sagte sie. Neben Kristeva und Baier nahmen als Vertreter der Nicht-Gläubigen die Philosophen Remo Bodei und Guillermo Hurtado aus Italien und Mexiko an dem Treffen teil.

Ein streng bewachter Sonderzug hatte Benedikt und die Delegationen aus aller Welt direkt vom Vatikan in die Stadt des heiligen Franz von Assisi gebracht. Zudem hatte Benedikt auch "nicht-glaubende" Intellektuelle eingeladen. Das Treffen stand unter dem Motto "Pilger der Wahrheit, Pilger des Friedens" und sollte am frühen Abend mit einer Bekräftigung des Friedensaufrufs von 1986 beendet werden.

(Ag.)

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