Hypo: Wie der Nationalbankchef den Bundeskanzler überredete

HYPO-U-AUSSCHUSS: NOWOTNY
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Ticker-Nachlese Ewald Nowotny erzählte im U-Ausschuss, wie er Kanzler Werner Faymann von einer Lösung für die Hypo überzeugte. "Die Presse" berichtete live aus dem Parlament.

Welche Rolle hat die Nationalbank bei der Notverstaatlichung der Hypo Alpe Adria gespielt? Nicht die Entscheidende: Darauf legte Nationalbankchef Ewald Nowotny am Donnerstag im Untersuchungsausschuss im Parlament wert. Man sei an den Verhandlungen mit den Bayern nicht beteiligt gewesen, sondern habe nur die Regierung beraten. Mehr noch: Das Finanzministerium habe seinen Mitarbeitern klar zu verstehen gegeben, dass man von ihnen Analysen zur Hypo wollte, nicht aber Tipps zur weiteren strategischen Vorgangsweise.

Der Ratschlag der Nationalbank war aber klar: Eine Insolvenz der Hypo ist auf jeden Fall zu verhindern. In der Zeit nach der Pleite der Lehman-Bank habe es auf europäischer Ebene den Konsens gegeben, dass große und mittlere Banken nicht in Konkurs gehen dürfen, um wirtschaftliche Auswirkungen wie in den 30er Jahren zu verhindern. Es sei um die gesamtwirtschaftliche Stabilität Österreichs und Osteuropas gegangen. Und die Hypo sei auf jeden Fall eine systemrelevante Bank gewesen.
Nowonty schilderte die sich zuspitzenden Ereignisse vor der Verstaatlichung der Hypo im Dezember 2009. Während der Mehrheitseigentümer, die BayernLB, noch Ende November bereit gewesen sei, die Hypo mit einer Kapitalstärkung – gemeinsam mit den anderen Eigentümern – zu halten, habe es dann Anfang Dezember einen Kurswechsel der Bayern gegeben.

Am 8. Dezember 2009 sei ihm bei einem Treffen im Finanzministerium mitgeteilt worden, dass die bayerische Landesregierung nicht bereit sei, neues Geld in die Hypo hineinzugeben. Die Bayern hätten also einen Kurswechsel vollzogen. „Das war eine politische Entscheidung“, sagte Nowotny. Während die BayernLB sehr wohl eine Konsensuallösung erreichen habe wollen, habe die bayerische Politik dann eine politische Entscheidung getroffen. „Das war eine Kurzschlusshandlung“, meinte Nowotny.

Notverstaatlichung nicht angestrebt

So sehr die Nationalbank auch eine Insolvenz verhindern wollte – die Notverstaatlichung habe sie nicht angestrebt. Ziel war ein „Burden sharing“ also eine Aufteilung der Lasten zwischen Republik und BayernLB. Österreich sei da aber in einer schlechten Verhandlungsposition gewesen, sagt Nowotny – eine Ansicht, die allerdings umstritten ist. Laut einer damaligen Aufstellung der Nationalbank hätte eine Insolvenz der Hypo die Bayern 5,5 Milliarden Euro gekostet, die österreichische Seite – Land Kärnten, andere Banken und Hypos – aber 27 Milliarden. Die Bayern sind laut Nowotny mit der Verstaatlichung übrigens nicht viel billiger davon gekommen: Sie hätten knapp fünf Milliarden Euro verloren, Österreich hat bisher 5,5 Milliarden aufgewendet.

Eine wichtige Einflussnahme gab Nowotny bei den Befragungen offen zu: Der als SPÖ-nahe geltende Nationalbank-Gouverneur gab an, am Wochenende der Notverstaatlichung Bundeskanzler Werner Faymann von der Notwendigkeit einer Lösung für die Hypo überzeugt zu haben. Faymann sei sehr skeptisch gewesen, „weil es in den Zeitungen Berichte über Boote und Flugzeuge“ gegeben habe. „Die Begeisterung, sich in so einer Bank zu engagieren, war gering. Noch dazu haben einige reiche Leute beim Einkauf der Bayern sich auch eine Menge Geld geholt“, zielt Nowotny offenbar auf den Ex-Hypo-Chef und -Investor Tilo Berlin an. „Die skeptische Betrachtung kann ich nachvollziehen“, so der oberste Notenbanker. Faymann habe dann aber letztlich die gesamtwirtschaftlichen Interessen über eigene gestellt, davon sei er „beeindruckt“.

Nowotny berichtete auch über seine Kontakte auf europäischer Ebene. Der damalige Chef der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, habe ihn am Sonntagnachmittag des Verstaatlichungs-Wochenendes angerufen und erklärt, er sei „tief beunruhigt“, dass in dieser Lage eine europäische Bank in Konkurs gehen könne. Deswegen habe Trichet angekündigt, dass der EZB-Rat eine Telefonkonferenz einberufe. „Er hat ganz klar erklärt, dass die europäische Perspektive negativ ist.“ Er, Nowotny, habe Trichet daraufhin gebeten, auf die deutsche Seite einzuwirken, um einen Konkurs zu verhindern. Soweit er wisse, habe Trichet auch mit der deutschen Seite geredet. Er, Nowotny, selber habe auch mit dem deutschen Bundesbankpräsidenten Axel Weber gesprochen, und Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) habe offenbar mit Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel gesprochen.

Hätte angesichts dieser Konstellation Bayern die Bank überhaupt in Konkurs gehen lassen können? Die Rettung sei eindeutig eine Aufgabe Österreichs gewesen, da die Bank eine österreichische Lizenz habe. Auch Irland hätte irische Banken mit deutschen Eigentümern retten müssen. Da sei es um viel höhere Summen gegangen. (Martin Fritzl)

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