Das Finanzministerium hat seinem früheren Minister Unterlagen für den U-Ausschuss übergeben – inklusive eines Einleitungsstatements.
Wien. Dass der frühere Finanzminister Karl-Heinz Grasser im September des Vorjahrs dem Hypo-U-Ausschuss einen Vortrag hielt, wie dieser am sinnvollsten zu arbeiten habe, war schon einigermaßen seltsam. Noch seltsamer aber ist, dass das Finanzministerium diesen Vortrag ausgearbeitet und Grasser zur Verfügung gestellt hat.
Schon vor dem U-Ausschuss hatte Grasser bekannt gegeben, dass er von seinem früheren Ministerium gebrieft worden sei. Der amtierende Minister Hans Jörg Schelling hat nun in Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage des grünen Abgeordneten Bruno Rossmann das Ausmaß des Briefings offengelegt: Insgesamt 605 Seiten sind Grasser zur Vorbereitung auf seine Aussage im Untersuchungsausschuss übermittelt worden. Darin geht es unter anderem um aufsichtsrechtliche Maßnahmen rund um die Hypo und um das Abberufungsverfahren gegen die FMA-Vorstände.
Grasser hatte sich im Vorfeld der Befragung an Schelling gewandt und „für eine hochwertige Beantwortung der zu erwartenden Fragen“ um eine umfassende Dokumentation zum Fragenkomplex Hypo gebeten. Schelling beauftragte damit seinen damaligen Generalsekretär, Hans Georg Kramer, pikanterweise einen alten Bekannten Grassers, der einst in seinem Kabinett gearbeitet hatte. Kramer wiederum hat sich an Banken-Sektionschef Alfred Lejsek gewandt, mit einem Auftrag, der über die reine Bereitstellung von Informationen doch hinausgeht. So sollten die Berichte von Nationalbank und FMA geliefert werden, die der Hypo bescheinigt haben, nicht distressed zu sein. Kramer in seinem Mail an Lejsek: „Damit soll argumentiert werden, dass es Anfang 2007 wohl unmöglich war, die späteren Probleme der Bank zu erkennen.“
Lehren aus dem U-Ausschuss
Auch für das Einleitungsstatement gab Kramer klare Vorgaben: Lejsek solle herausarbeiten, welche Ergebnisse der U-Ausschuss produzieren soll, „damit dieser Ausschuss tatsächlich Sinn macht und nicht nur parteipolitisches Schattenboxen hervorbringt“, und welche Lehren aus dem Hypo-Desaster für die Zukunft gezogen werden sollen. Lejsek kam der Aufforderung nach und schickte Unterlagen samt Einleitungsstatement.
Für Rossmann ist das Ausmaß des Briefings „erstaunlich“ und das Einleitungsstatement „völlig unzulässig“. Die Grünen rühmen sich nun, „durchgesetzt zu haben, dass die Informationen nun öffentlich zugänglich sind. Finanzminister Schelling musste nach Monaten der Geheimnistuerei einlenken“.
Schelling hatte übrigens laut eigenen Angaben zum Zeitpunkt der Befragung Grassers keine Informationen über die übergebenen Unterlagen. Kramer ist inzwischen nicht mehr Generalsekretär, wohl aber noch Sektionschef im Ministerium.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.02.2016)