Hypo: Republik tauschte Garantie gegen 300 Mio.

„Das Risiko der Haftungen war sehr groß“, sagt Wolfgang Peschorn.
„Das Risiko der Haftungen war sehr groß“, sagt Wolfgang Peschorn.(c) APA/HELMUT FOHRINGER
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U-Ausschuss: Zum damaligen Zeitpunkt habe das wie ein gutes Ergebnis gewirkt, so Wolfgang Peschorn, Chef der Finanzprokuratur.

Wien. Er mag zwar der breiten Öffentlichkeit lange nicht so bekannt sein wie andere Zeugen, die bereits vor den heimischen Hypo-Untersuchungsausschuss bestellt worden sind. Dennoch erwarteten sich die Abgeordneten von Wolfgang Peschorn, dem Chef der Finanzprokuratur und somit obersten „Anwalt der Republik“, neue Erkenntnisse über die Vorgänge rund um die Verstaatlichung der Hypo Alpe Adria, wie sie Donnerstagfrüh vor Beginn der Ausschusssitzung unisono meinten.

Diese Erwartungshaltung wurde in der Folge zum Teil auch erfüllt. Konkret drehte sich die mehr als fünfstündige Befragung Peschorns vor allem um zwei wesentliche Punkte: Warum verzichtete die Republik bei der Verstaatlichung der Hypo auf einen Gewährleistungsanspruch gegenüber den Alteigentümern – allen voran der BayernLB? Und wie groß war das Risiko, dass die milliardenschweren Haftungen Kärntens ohne eine Notverstaatlichung im Dezember 2009 sofort schlagend werden?

Garantie kein zentraler Punkt?

Beim ersten Punkt wird Peschorn vom grünen Abgeordneten Werner Kogler zu den sogenannten Term-Sheets befragt, auf denen in der Verhandlungsnacht die Zwischenstände festgehalten sind. Bis zum letzten Term-Sheet sei ein Gewährleistungsanspruch gegenüber den Bayern noch enthalten gewesen, im finalen Vertragsentwurf aber nicht mehr. „Wieso ist das verschwunden?“, will Kogler wissen.

Peschorn erklärt dazu, dass er nicht Teil der Verhandlungsführung gewesen sei. Er sei nicht einmal in dem Verhandlungsraum gesessen, sondern nur im selben Stock. Informiert sei er über ein Mitglied des Verhandlungsteams worden, das zwischen den Räumen hin- und hergelaufen ist. Aufgrund dieser Informationen habe er die Term-Sheets aktualisiert.
Neos-Mandatar Rainer Hable konfrontiert ihn in weiterer Folge der Befragung mit der Aussage von Ex-Finanzminister Josef Pröll, wonach Peschorn gemeint habe, dass die Gewährleistung kein zentraler Punkt in den Verhandlungen sein müsse, weil es genügend andere Anfechtungsgründe geben würde.

Er habe auf solche Anfechtungsgründe verwiesen, bestätigt Peschorn. Außerdem habe es eine Abwägung gegeben zwischen einem Gewährleistungsanspruch, „der auch erst einmal durchgesetzt werden muss“, und einem sofortigen Mehrbetrag der Bayern. Die Bayern hätten nämlich im Gegenzug für die Aufstockung ihrer Kapitalspritze von 525 auf 825 Mio. Euro nach einem Gewährleistungsverzicht Österreichs verlangt. „Wie kann man 300 Mio. Euro mehr Geld von den Bayern gegen einen Gewährleistungsverzicht für ein total ungewisses Risiko tauschen?“, so Hable. Mit dem heutigen Wissen sei diese Frage berechtigt, so Peschorn. Damals sei man jedoch aufgrund von Angaben der Nationalbank davon ausgegangen, dass für die Sanierung der Hypo maximal 2,1 Mrd. Euro notwendig seien. Unter diesen Voraussetzungen habe der Tausch wie ein gutes Ergebnis gewirkt.

Weniger klar bleibt das Bild jedoch auch nach mehreren Fragerunden beim zweiten zentralen Punkt: dem Schlagendwerden der Haftungen. „Ich habe den Verhandlern damals mitgeteilt, dass es bei einer Insolvenz die große Gefahr für das sofortige Schlagendwerden der Haftungen gibt und bei der Übernahme der Geschäftsaufsicht durch einen Regierungskommissär wohl auch.“ Letzteres wäre aufgrund der schwierigen Situation der Hypo ohne Notverstaatlichung am Tag darauf fix geschehen.

„Unvollständige Beratung“

Der Einsatz des Regierungskommissärs wird von den Abgeordneten zwar nicht bestritten, wohl aber dessen Auswirkungen. So verweist Hable auf ein Gutachten der Kärntner Landesholding von Anfang Dezember 2009, das zu dem Schluss kommt, dass die Haftungen in so einem Fall nicht sofort schlagend würden.

Robert Lugar vom Team Stronach verbeißt sich in der Folge in die nicht hundertprozentig eindeutige Aussage der Finanzprokuratur. Peschorn erklärt, dass aufgrund des Zeitdrucks die juristischen Fragen nicht zweifelsfrei zu klären gewesen seien. Zudem habe die Hypo manche Unterlage nicht geliefert. Dass die Finanzprokuratur somit eine „unvollständige Beratung“ erbracht habe, wie Lugar vorwirft, stellt Peschorn dennoch in Abrede.

„Ich habe der Verstaatlichung nie das Wort geredet“, so Peschorn. Er sei jedoch nach wie vor der Meinung, dass die Hypo zu solchen Problemen geführt hätte, die ein Eingreifen des Staates notwendig gemacht haben.
FPÖ, Grüne und Neos beantragten am Donnerstag auch die Verlängerung des U-Ausschusses um drei Monate. Somit soll es nun bis Ende Mai Befragungen geben. Der Endbericht über den gesamten Ausschuss soll dann etwa Mitte Juli fertig sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.01.2016)

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