"Die Presse" tippt die Bundesliga: Salzburg holt den Titel

FussballBundesliga Geist neuen Saison
FussballBundesliga Geist neuen Saison(c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Walter Luger)
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Die "Presse" wagt eine Prognose für die Bundesliga-Saison 2011/2012: Salzburg geht erneut als Favorit ins Rennen und wird vom Stevens-Stil befreit diesmal den Titel holen. Rapid wird heuer angenehm überraschen.

Wir kämpfen ganz klar um den Klassenerhalt.“ Peter Stöger lässt keinen Zweifel daran, dass sein Klub Wiener Neustadt vor einer schweren Saison steht. Das Jahr eins nach dem Rückzug des Magna-Konzerns könnte das letzte in Österreichs höchster Spielklasse sein. „Unser Budget wurde deutlich reduziert, wir haben den Kader mit vielen jungen Spielen aufgefüllt“, schildert der 45-Jährige der „Presse am Sonntag“ die Ausgangslage. Mehr als die halbe Stammelf wurde verkauft, und das, nachdem es schon im Winter einen gehörigen Aderlass gegeben hatte. An diesem Einschnitt wird das Projekt „Bundesligafußball in Wiener Neustadt“ 2011/2012 scheitern. Denn für die Niederösterreicher, die in der vergangenen Saison lange in Reichweite der Europacup-Plätze rangierten, spricht fast gar nichts mehr.

Stöger erwartet eine Zweiklassengesellschaft: Salzburg, Austria, Rapid, Sturm und Ried werden oben spielen. „Die anderen fünf Klubs spielen sich den Abstieg aus.“

Mattersburg hat die Mannschaft, die letztlich souverän den Klassenerhalt geschafft hat, zusammengehalten. Auch die „Lebensversicherung“ Patrick Bürger blieb. Trainer Franz Lederer muss nur noch die Last des Toreschießens besser auf mehrere Schultern verteilen. Bürger allein ist zu wenig.

Für Kapfenberg sprechen trotz des Abgangs von Torjäger Deni Alar zu Rapid zwei Punkte: erstens der Konzeptfußball von Trainer Werner Gregoritsch und zweitens die große Erfahrung im Abstiegskampf. Die Admira startet mit der Euphorie des Aufsteigers und verfügt über genügend spielerische Reife, um die Klasse zu halten. Wacker Innsbruck steht zwar vor der zweiten Saison, die gemeinhin als die schwerste bezeichnet wird; und zwei prominente Abgänge machen die Sache für Trainer Walter Kogler auch nicht leichter. Torhüter Pascal Grünwald ging zur Austria. Abwehrchef Harald Pichler unterschrieb bei Rapid. Fazit: Alles ab Platz sechs ist möglich. Und der Abstiegskampf wird auf jeden Fall spannender als in der vergangenen Saison – eventuelle Lizenzentzüge nicht eingerechnet.


Rapid muss nach Europa. Neben Peter Stöger gehört Peter Schöttel zu den wenigen außerhalb von Wiener Neustadt, die Wiener Neustadt in der Bundesliga vermissen würden. Bis zum Sommer war er noch bei den Niederösterreichern am Ruder. Doch jetzt steuert er mit Rekordmeister Rapid einen Supertanker, der dringend einer Generalüberholung bedarf. Ein weiteres Jahr ohne internationalen Bewerb soll und darf es in Hütteldorf nicht mehr geben. Klares Ziel ist die Rückkehr nach Europa. „Das muss man bei Rapid überhaupt nicht diskutieren“, meint Schöttel. Und der ehemalige Klasse-Libero hat sich zuerst um die Baustelle gekümmert, die er am besten kennt – die Abwehr. Die Neuzugänge Harald Pichler (Wacker Innsbruck) und Thomas Schrammel (SV Ried) haben Schöttel in der Vorbereitung voll überzeugt. Vor allem die Kommunikation in der Viererkette sei besser geworden. Dank Pichler, der in den Vorbereitungsspielen lauthals und wild gestikulierend den Leitwolf mimte. Er ist eine Art Libero in der Viererkette.

Im Angriff liegt es hingegen noch im Argen. „Da sind wir noch zu harmlos, zu unentschlossen“, spricht Schöttel Klartext. Am ehesten überzeugte in der Vorbereitung noch Neuzugang Guido Burgstaller, doch ausgerechnet er fällt verletzt aus. Der andere Neue in der Offensive, Deni Alar, sei ein „richtig richtig Guter“, meint Schöttel. Dass er noch ein Fremdkörper in der Mannschaft ist, tut nichts zur Sache, denn so präsentieren sich die etablierten Stürmer wie Athde Nuhiu, René Gartler oder Christopher Trimmel die längste Zeit. Einziger Torgarant war Hamdi Salihi – und den will der Klub loswerden. Der Albaner wäre nächstes Jahr ablösefrei. Jetzt bekäme man noch Geld für ihn. Doch Salihi ziert sich. Sämtliche Klubs, die an ihm interessiert sind, sagen ihm nicht zu.

Yasin Pehlivan, (Gaziantepspor), Veli Kavlak und Tanju Kayhan (beide Besiktas Istanbul) haben erkannt, dass sie in ihrer Entwicklung in Hütteldorf stecken geblieben sind. Ihr Wechsel in die Türkei ist sowohl für sie als auch für Rapid aus sportlicher und wirtschaftlicher Sicht gut. Rapid geht mit einer spannenden Mannschaft in die Meisterschaft. Am spannendsten wird wohl die Frage, welche Rolle Steffen Hofmann spielen wird. Möglicherweise eine viel kleinere als bisher.

Salzburg nicht aufzuhalten. Bei fast allen Bundesliga-Trainern und auch bei der „Presse am Sonntag“ steht Salzburg ganz oben auf dem Zettel. Einmal mehr leistete sich der entthronte Meister dank der Red-Bull-Millionen auf dem Transfermarkt große Namen. Petri Pasanen, den Werder Bremen am Ende doch gern gehalten hätte, wechselte an die Salzach. Vorn soll der Brasilianer Leonardo zeigen, was man sich von Superflop Boghossian und lange Monate von Alan versprochen hat.

Das Motto bei Salzburg wird in diesem Jahr lauten: „Durch Freiheit zum Erfolg.“ Denn den Stars wurden gleich zwei schwere Rucksäcke abgenommen: Zum einen wird von Trainer Ricardo Moniz nicht mehr der Einzug in die Champions-League-Gruppenphase verlangt, zum anderen hat er sein Team seit seinem Amtsantritt im April vom langweiligen Defensivfußball Stevens'scher Prägung befreit. Die Siege in Graz, bei Rapid und bei der Austria haben schon angedeutet, was diese Mannschaft leisten kann. 2011/2012 werden das keine Ausrutscher nach oben mehr sein, sondern Alltag. Dann wird das monetäre Kräfteverhältnis wiederhergestellt sein; die Normalität wird in die Bundesliga zurückkehren.


Fragezeichen Austria.
Prognosen vor Ablauf der Transferzeit sind schwierig. In einem Fall aber besonders. Denn bei der Wiener Austria sind zwei wichtige Wechsel nach wie vor in der Schwebe. Zlatko Junuzović wird schon seit Monaten mit einem Bein in der deutschen Bundesliga gesehen. Dort sind aber alle Vereine ins Training eingestiegen, und der spielstarke Offensivmann steht immer noch mit beiden Beinen fest in Favoriten. Das muss nichts heißen. Der Vertragspoker geht bis Ende August. Und nächsten Sommer läuft Junuzović' Vertrag aus. Austria muss also ein ökonomisches Interesse an einem Transfer haben. Doch das schnelle Geld kann am Ende auch ein teures Verlustgeschäft bedeutet. Den besten Beweis lieferte Rapid. Die Hütteldorfer verdienten im Vorjahr zwar am Verkauf einiger Schlüsselspieler, verpassten aber am Ende das internationale Geschäft.

Zurück zum großen Rivalen: Dort angelt man verbissen nach dem Rieder Nationalspieler Daniel Royer. Aber auch ohne dem Mittelfeldspieler sollte der Austria ein Europacup-Platz wieder sicher sein.


Keine Sturmschäden mehr. Es ist paradox. Bei Meister Sturm Graz hat sich in den vergangenen Jahren das Transferkarussell gedreht, dass einem schwindlig wurde. Heuer gibt es nur einen namhaften Abgang: Gordon Schildenfeld. Doch der Verlust des kroatischen Nationalspielers ist nicht zu kompensieren. Der Innenverteidiger war der beste Bundesliga-Spieler der letzten Saison. Und der überraschende Meistertitel trägt neben jener des Trainers Franco Foda vor allem die Handschrift des 26-jährigen Schildenfeld. Mit seinem Wechsel zu Eintracht Frankfurt schwinden bei Sturm die Chancen auf einen Platz im Spitzenfeld.

Und was ist mit Ried? Wer in diesen Tagen mit Paul Gludovatz spricht, fühlt sich an Ernst Happel erinnert. Ein grantiger Trainerfuchs. Der Ried-Coach nimmt etwa den Abgang von Samuel Radlinger sehr persönlich . Das 18-jährige Torwarttalent sollte im Innviertel zum neuen Stammtormann aufgebaut werden, doch dann zückte Hannover 96 das Scheckbuch, und Radlinger war weg.

Gludovatz nagt offensichtlich daran, dass das Ried-Management finanzielle Tatsachen und sportliche Träume klar unterscheidet. Er trauert noch immer der Chance auf dem Meistertitel nach. Nach dem Herbstmeistertitel pochte der Trainer auf Verstärkung, wollte tatsächlich den Titel holen. Es gab keine Weihnachtsgeschenke und folglich „nur“ den Cupsieg.

(c) Die Presse / GK

Auf die Frage, welche Erwartungen er für diese Saison hat, antwortet Gludovatz mürrisch: „Gar keine.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.07.2011)

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