Sportwagen: Fahren wir der Krise davon

(c) Jürgen Skarwan
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Gerade jetzt locken Sportwagen in den schillerndsten Kleidern. Wir lassen BMW Z4, Porsche Cayman S und KTM X-Bow in gepflegter Unvernunft antreten.

Das letzte Auto auf der Welt, Ferry Porsche soll das ungefähr so gesagt haben, würde ein Sportwagen sein. Der Gedanke gefällt uns. Doch die Gattung ist unter Druck geraten; sie hat ein Imageproblem. Sportwagen gelten als Umweltsünde, obwohl sie mit dem Sprit effi­zienter verfahren als Limousinen oder gar SUV. Weil sie zur Schau gestellter Wohlstand sind, überlegt die Klientel dieser Tage zweimal, ob sie sich mit dem Zweitwagenspaß exponieren möchte. Und dank ausgefeilter Fahrwerke und starker Motoren locken längst unauffällige Normalos mit sportlichen Thrills.

Der Stimmung entgegengesetzt ist das Angebot: Nie war die Vielfalt unter den Sportlern größer – ein gewisses Grundbudget vorausgesetzt. Wir haben uns Formate in drei verschiedenen Preisklassen und Härtegraden herausgegriffen; von BMW, Porsche – und aus Österreich. Wo würde man wohl am liebsten sitzen, wenn es das letzte Auto der Welt wäre?

Rückkehr zum Turbo

Heckantrieb, zwei Sitzplätze nah am Asphalt und freier Himmel – das ist schon einmal eine lustvolle Kombination. Der Blechverschlag des BMW Z4 tritt auf Knopfdruck den Weg in den Kofferraum an, wo er im Normalfall eines Sommers ungestört ruhen sollte. Bei den Güssen dieser Tage bedauert man allerdings, dass der BMW zum Betätigen des Dachs stehen muss, und zwar gute zwanzig Sekunden.

BMW Z4
BMW Z4(c) Jürgen Skarwan



Wind entfacht auch der Drei-Liter-Reihensechszylinder unter der langgestreckten Motorhaube. Als BMW vor wenigen Jahren bei den Benzinern zur Turbotechnologie zurückkehrte, hatte die Aufladung ihre früheren Marotten – Turboloch, anschließend explosiver Schub – längst abgelegt. So ist der stärkste Motor des Z4 auch kein unberechenbarer Haudrauf, sondern Paradebeispiel für angesagtes Downsizing. Geboten werden der gleichmäßige und gewiss vehemente Schub eines großen Achtzylinders. 306 PS und sehr frühe 400 Newtonmeter produzieren die zwei Turbolader ohne Nachdenkpause, begleitet von hellem Auspufftrompeten. So viel Schmalz ließ sich ehemals nur über die Drehzahl herstellen.

Mit dem Sieben-Gang-Doppelkupplungsgetriebe, dessen Temperament über eine Taste geregelt wird, haben wir uns nicht nur den Komfort einer Automatik ins ­Auto gezaubert, sondern bei Bedarf auch die ultrakurzen Schaltpausen eines Rennwagens.

Schattenseite ist das für einen Sportwagen hohe Gewicht von 1600 Kilogramm. Doch ist es BMW gelungen, den Speck gut zu ver­stecken, fahrdynamisch ebenso wie optisch. Wer würde überdies vermuten, dass das machohafte Muskelspiel der Karosserie eine junge deutsche Designerin entworfen hat?

Motor in der Mitte

Bei Porsche dreht sich momentan alles um die Einführung des Panamera, eines Sportwagen-Limousinen-Verschnitts, der bei Puristen kaum Begehrlichkeiten auslösen dürfte. Die fühlen sich wohler im Cayman, der zwei Türen, zwei Sitze und den Motor in der Mitte hat. Der Sechszylinderboxer mit 3436 ccm Hubraum und 320 PS – das Maß der „S“-Variante – singt das Hohelied des Saugmotors; elastisch und fröhlich röhrend wischt er übers Drehzahlband, sobald die Straße einigermaßen frei ist. Auch der Cayman ist mit zwei Kupplungen im Getriebe gewappnet, erstaunlich stur hält Porsche an den faden Schaltwippen in den Lenkradspeichen fest. In der Stadt wird beim entspannten Dahinrollen bald der siebte Gang gereicht, doch schneller, als man das Gaspedal ganz durchgetreten hat, ist die Zweite oder Dritte gezückt, Drehzahl im Angriffsmodus. Obwohl das PDK-Getriebe derlei Stunts beeindruckend beherrscht und obendrein noch etwas Sprit spart, würden wir uns die Extraausgabe schenken und per Hand im Getriebe rühren. Wenn es der unschuldigen Freude am Autofahren und dem letzten Hauch von Sinnlichkeit dient, muss ja nicht alles zu kühler Perfektion optimiert sein.

Porsche Cayman S
Porsche Cayman S(c) Jürgen Skarwan



Seine großen Momente hat der Cayman in Kurven jeden Zuschnitts. Die Lenkpräzision ist ein Erlebnis nach Porsche-Art und rechtfertigt am ehesten – neben dem Markenprestige – die feisten Preise. Doch die Weightwatcher mahnen schon: Dem mit bald 1,5 Tonnen Gewicht üppig mit Extras gefütterten Cayman S erwächst im deutlich billigeren und leichteren Einstiegs-Cayman (265 PS) ein agilerer Konkurrent.

Gewichtssorgen sind das Letzte, was den KTM X-Bow plagt. Der offene Zweisitzer, der nicht nur ohne Türen und Dach, sondern auch gleich ohne Windschutzscheibe auskommt, ist der Taliban unter den Sportwagen: kompromisslos und radikal. Das größte Missverständnis wäre, ihn für eine Art Spaßauto zu halten.

Kein Rettungsanker

Denn er ist ernsthaft in der Art eines Rennwagens, er verlangt Konzentration und Können oder wenigstens Demut, wenn man sich vorsichtig vortastet. Ohne ABS und ESP gibt es keine Rettungsanker, wenn etwas schiefläuft. Und in Schwierigkeiten hat man sich mit dem irritierend leisen 2,0-Liter-Turbomotor von Audi (240 PS) schnell katapultiert. Bei der Beschleunigung steckt die Rennbadewanne dank Gewichtsvorteil (800 kg) sowohl BMW als auch Porsche in die Tasche, und in Kurven kann man sich hinter den beiden nur langweilen. Durch radikales Weglassen bietet der in Graz gefertigte X-Bow alles, was man an Purismus erwarten kann. Helmtragen ist nicht Pflicht, empfiehlt sich aber als Schutz vor aufgewirbelten Steinen – der KTM trägt seinen Schwerpunkt knapp über dem Boden.



KTM mag mit dem X-Bow ein schlechtes Timing erwischt haben, denn für derlei Extravaganzen fehlt gerade die Unbeschwertheit des Marktes. Wenn das Projekt die Krise übersteht und irgendwann auch Amerika erobert (der Einstieg in den US-Markt ist derzeit zu kostspielig), dann hat der Österreicher das Zeug zum Neoklassiker im Sportwagenfach – als radikalste Abzweigung. Leichtbau mit heimischem Know-how, das könnte noch ein Exportschlager werden.

Daten

KTM X-Bow: 240 PS, 790 kg, 64.774 Euro. Radikal und kompromisslos
BMW Z4 35i S-Drive: 306 PS, 1600 kg, 57.502 Euro. Geschlossen (dank Blechfaltdach) ein Coupé.
Porsche Cayman S PDK: 320 PS, 1450 kg, 75.800 Euro. Mittelmotorfreuden im Schatten des 911.

("Die Presse" Printausgabe vom 10. Juli 2009)

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