Einsam und unbeugsam: Janukowitsch im Russland-Exil

UKRAINE CRISIS CRIMEA
UKRAINE CRISIS CRIMEA(c) APA/EPA/ARTUR SHVARTS
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Viktor Janukowitsch schilderte bei einer Pressekonferenz im russischen Rostow die Odyssee seiner Flucht. Das Verhältnis zum Kreml-Herrn Putin hat sich aber merklich abgekühlt.

Moskau. Die Schilderung seiner Reise aus Kiew nach Russland gemahnte stellenweise an eine abenteuerliche Odyssee. Zum ersten Mal nach seinem Verschwinden am vergangenen Wochenende ging Viktor Janukowitsch in einem Ausstellungszentrum in der südrussischen Stadt Rostow am Don an die Öffentlichkeit. Der abgesetzte ukrainische Präsident zeigte sich unbeugsam, er machte keinen Hehl aus seinen Ansprüchen.

Mit vier ukrainischen Flaggen im Hintergrund bezeichnete er sich immer noch als rechtmäßigen Präsidenten, der um die Zukunft seines Landes kämpfen will. Das ukrainische Parlament habe keinerlei Legitimität. Bei den Revolutionären in Kiew handle es sich um Nationalisten und Faschisten, die nur einen geringen Teil des ukrainischen Volks ausmachen würden.

Ihn habe niemand abgesetzt, so Janukowitsch. Einzig aus Angst um seine Sicherheit und die seiner Familie habe er das Land verlassen müssen. Nach der Unterzeichnung des Abkommens zwischen ihm und der Opposition am Freitag der Vorwoche, das zuvor unter Vermittlung von Deutschland, Frankreich und Polen ausverhandelt worden war, sei er – wie geplant – nach Charkiw gereist. In der im Nordosten gelegenen Stadt fand am Samstag ein Kongress der Ukrainischen Front statt, zu dem sich Delegierte der damals noch regierenden Partei der Regionen aus dem Osten und Süden der Ukraine versammelten. Ein Auftritt Janukowitschs war fix angesetzt.

Unter Beschuss und unter Drohungen

Bereits bei der Abreise aus Kiew wurde sein Auto mit einer automatischen Waffe beschossen, so Janukowitsch auf die Frage eines Journalisten. Auch seine Familienmitglieder hätten Drohungen erhalten. Zum geplanten Auftritt in Charkiw kam es dann nicht, da ihn sein Sicherheitsdienst beim Eintreffen am Samstagmorgen vor radikalen Elementen in der Stadt warnte.

Die beiden Begleiter Janukowitschs, der ehemaligen Parlamentschef Wladimir Rybak und Andrej Klujew, der Leiter der Präsidialabteilung, flogen per Hubschrauber in die ostukrainische Stadt Donezk weiter. Er selbst entschied sich, mit zwei Helikoptern nach Lugansk zu reisen – was ukrainische Grenztruppen als Fluchtversuch ansahen. Daraufhin kehrte er nach Donezk zurück, um mit dem Auto auf die Krim zu fahren. Danach wurde die Erzählung Janukowitschs allerdings etwas nebulös: Allein einem pflichtbewussten, patriotischen Offizier habe er es zu verdanken, dass er nach Russland weiterreisen konnte.

Nach einem herzlichen Empfang für einen verlässlichen politischen Partner sah es bisher in Russland für Janukowitsch nicht aus. Daran änderte auch die eilends einberufene Pressekonferenz nichts, liegt doch Rostow rund 1000 Kilometer von Moskau entfernt und damit in sicherer Distanz zum Kreml. Am Donnerstagnachmittag war der abgesetzte ukrainische Präsident überraschend mit einer Erklärung an die Öffentlichkeit getreten, worin er um russischen Schutz bat. Seine Sicherheit werde durch Extremisten bedroht. Von offizieller russischer Seite gab es dazu keine Stellungnahme. Auch hat sich Janukowitsch bisher nicht mit Präsident Wladimir Putin getroffen, sie haben lediglich telefoniert.

Das Verhältnis zwischen dem Kreml und Janukowitsch war seit mehreren Jahren nicht von großer Sympathie geprägt. Hochrangige russische Politiker hatten ihm zuletzt vorgeworfen, gegenüber den Aktivisten auf dem Maidan zu wenig hart durchgegriffen zu haben. 2004, vor Janukowitschs erster Wahl, hatte sich Moskau noch stärker engagiert. Sogar Putin war mehrmals zur Unterstützung in die Ukraine gereist. Seit dem zweiten Amtsantritt Janukowitschs 2010 hat sich das Verhältnis indes verschlechtert. Im Jahr 2012 ließ Putin Janukowitsch bei einem Treffen in Jalta vier Stunden warten.

ÖSTERREICHS SCHWARZE LISTE

Das Außenamt verhängte am Freitag Sanktionen gegen 18 Personen aus dem gestürzten ukrainischen Regime. Etwaige Konten dieser Personen in Österreich werden gesperrt. In Kraft tritt die Maßnahme mit der für heute, Samstag, vorgesehenen Veröffentlichung im Amtsblatt.

1) Viktor Janukowitsch: Ex-Präsident

2) Oleksander Janukowitsch: Sohn von 1)

3) Mykola Asarow: Ex-Premier

4) Andrej Klujew: Ex-Kabinettschef von 1)

5) Sergej Arbuzow: Ex-Premier

6) Michail Dobkin: Gouverneur Provinz Kharkow

7) Gennadi Kernes: Bürgermeister Kharkow

8) Oleksander Klimenko: Ex-Minister f. Steuern

9) Olena Lukasch: Ex-Ministerin für Justiz

10) Vitali Sachartschenko: Ex-Innenminister

11) Eduard Stawitskio: Ex-Minister für Energie

12) Valeri Koriak: Polizeichef Kiew

13) Oleksander Popov: Ex-Verwaltungschef Kiew

14) Viktor Pschonka: Ex-Generalstaatsanwalt

15) Stanislaw Schuljak: Polizeigeneral

16) Wladimir Siwkowitsch: Ex-Vizepremier

17) Oleksander Jakimenko: Ex-Geheimdienstchef

18) Juri Iwanjuschtschenko: Abgeordneter

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.03.2014)

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