Zypern: Kampf um das Erdgas im östlichen Mittelmeer

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Die Türkei bekämpft die Nutzung der zypriotischen Erdgasvorkommen – doch die anderen Anrainer im östlichen Mittelmeer zeigen Ankara die kalte Schulter.

Athen/Nikosia. Viel Bewegung im östlichen Mittelmeer: Erst traf Israels Außenminister, Avigdor Lieberman, am Mittwoch in Zypern ein, am heutigen Freitag besucht Griechenlands Ministerpräsident, Antonis Samaras, die Inselrepublik. Und am Samstag werden Samaras und Nikos Anastasiades, Zyperns Präsident, gemeinsam in Kairo mit Ägyptens Präsident, Abdel al-Sisi, zusammenkommen. Hauptthema: Energie.

In den vergangenen Jahren wurden im östlichen Mittelmeer, vor allem vor Israel und vor Zypern, Erdgasvorkommen geortet. Das hat das Konfliktpotenzial in der sensiblen Region gewaltig erhöht. Denn die Türkei weigert sich, die zypriotische Ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) auf offener See südlich von Zypern anzuerkennen, und hat als Reaktion auf Probebohrungen ein Forschungsschiff, aber auch einige Kriegsschiffe hingeschickt. Seit Wochen protestiert die Regierung in Nikosia vergeblich gegen diesen Bruch des Seerechts; sie hat deshalb die Friedensverhandlungen mit dem türkischen Nordzypern ausgesetzt. Auch Manöver der russischen Streitkräfte und Israels sowie das Eintreffen griechischer Kriegsschiffe hinderten das türkische Forschungsschiff Barbaros Hayreddin Pasha, benannt nach dem osmanischen Admiral und Plünderer des 16. Jahrhunderts, nicht an der Fortsetzung der seismischen Messungen.

Gemeinsame Ausbeutung mit Israel

Ursprung des Konflikts ist die türkische Invasion auf Zypern vor nun schon 40 Jahren; seither ist die Insel geteilt. Der türkische Norden wird nur von der Türkei anerkannt, die als Schutzmacht der Inseltürken auf eine Aufteilung der zu erwartenden Einnahmen aus den Offshore-Förderungen zwischen Nord und Süd besteht. Der griechische Süden hat das zugesichert, jedoch auf die Zeit nach einer Lösung des Zypern-Problems verschoben. Und das kann lange dauern.

Die Türkei ihrerseits erkennt Zyperns AWZ nicht an. Doch dieser Haltung können die anderen Anrainerstaaten nichts abgewinnen. Zypern hat mit dem Libanon, mit Israel und mit Ägypten die Wirtschaftszonen auf offener See abgegrenzt und wird gemeinsam mit Israel das Feld „Aphrodite“ ausbeuten.

Zündstoff: Griechische Wirtschaftszone

Wirklichen Zündstoff im gefährlichen Energiemix könnte allerdings Griechenland liefern. Mit Rücksicht auf mögliche aggressive Reaktionen der Türkei hat es Griechenland bisher vermieden, seine AWZ in der Ägäis und im östlichen Mittelmeer festzulegen. Wenn Athen unter Eindruck der letzten Entwicklungen von dieser Haltung abrückt und mit Zypern eine Abgrenzung ihrer AWZ vereinbart – dann wäre tatsächlich Feuer am Dach. Denn die Türkei wäre dann nicht nur in der engen Ägäis mit ihren vielen griechischen Inseln stark behindert, sondern auch im östlichen Mittelmeer eingesperrt.

Die Vorkommen vor Zypern könnten übrigens weniger ergiebig sein als erhofft. „Aphrodite“ allein würde jedenfalls keine teure Flüssiggasanlage auf Zypern zur Verschiffung von Erdgas in den Rest der Welt rechtfertigen. Die günstigste Variante wäre dann eine Pipeline – durch die Türkei.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.11.2014)

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