Aufgeblättert: "Tödliche" Hamburger

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Achtung, dieses Buch kann Ihnen den Appetit verderben! Düster beschreibt Hans-Ulrich Grimm in seinem Buch "Tödliche Hamburger“, wie Globalisierung und Industrialisierung der Nahrung unsere Gesundheit bedroht.

Achtung, dieses Buch kann Ihnen den Appetit verderben! Ex-„Spiegel“-Korrespondent Hans-Ulrich Grimm hat sich wieder seinem Lieblingsthema gewidmet und listet eine Unappetitlichkeit nach der anderen auf. In zahlreichen Beispielen zeigt er, wie die Globalisierung der Nahrung die Gesundheit bedroht. Er gibt Einblick in die düstere Realität der Lebensmittelindustrie.

Wir alle wissen, dass das Essen, das auf unseren Tellern landet, meist nicht das Prädikat „wertvoll“ verdient, und wir alle wissen, dass Fertiggerichte und Fast Food nicht unbedingt gesund sind. Wie gefährlich aber unsere Essensgewohnheiten tatsächlich sein können, wird einem bei der Lektüre des Buches „Tödliche Hamburger“ in oft schwer verdaulichen Portionen und ohne schmückende Beilagen serviert.

Um die Preise zu drücken, werden Lebensmittel nicht nur billig und ohne Rücksicht auf Qualität produziert, sie werden immer häufiger auch rund um den Globus geschickt. Tage- und wochenlange Reisen müssen Fleisch, Obst, Gemüse und vieles mehr überstehen, und am Ende der Odyssee sollen sie so frisch wie am ersten Tag aussehen. Um die langen Reisen unbeschadet zu überstehen, muss die Lebensdauer der Ware künstlich verlängert werden. Gase, Pestizide und Konservierungsstoffe sollen Erreger in Zaum halten und die Ware „frisch“ halten.

Mädchen: Tot nach Cheeseburger

Der Autor liefert Beispiele für die Ernährungsrisken im Zeitalter der Globalisierung und Industrialisierung. Etwa: Ein Mädchen starb an einem Cheeseburger. Der Krankheitserreger wurde dingfest gemacht und E. coli 0157:H7 genannt. Als die Epidemie abklang, zählten die Statistiker 732Erkrankungen. Vier Kinder starben an der „Hamburger-Krankheit“. Nicht nur in den USA sterben Kinder an E.-coli-Infektionen. Auch in Europa kam und kommt es immer wieder vor.

Laut Grimm stehen Verbraucher vor einem völlig neuen Gefahrenszenario. Durch Massenproduktion werden Krankheitserreger – Bakterien, Schadstoffe und Chemikalien – weltweit verbreitet. Kaum durchschaubare Lieferketten machen die Suche nach der konkreten Ursache der Quelle der Verseuchung zudem oft unmöglich.

Düster beschreibt Grimm die Bedrohung durch ungesunde Inhaltsstoffe und Erreger. Gefährdet sei mittlerweile jeder, es gebe kaum noch Regionen auf der Welt, die von der Industrialisierung und Globalisierung der Nahrung nicht betroffen seien. Der Autor nimmt den Leser mit auf die Reise krankmachender Keime. An die Nordsee, wo ein Ehepaar nach dem Verzehr von vergiftetem Fisch fast gestorben wäre, nach Storkow, wo sich Salmonellen epidemisch ausbreiteten, und in die Südsee, wo auch schon „alle vom Abnehmen träumen“.

Bedrohungsszenarien

Seine Bedrohungsszenarien unterstreicht der Autor mit manchmal skurrilen Beispielen, etwa, wenn er darlegt, dass einige Abstürze von Bombern der australischen Air Force auf den Verzehr von zuckrigen Snacks und Cola zurückzuführen waren. Diese hätten den Insulinspiegel der Piloten zuerst in die Höhe getrieben, und als der alsbald rasch fallende Blutzuckerspiegel die Konzentration absacken ließ, seien die Flugzeuge abgestürzt.

Viele solche konkreten Geschichten machen das Buch unterhaltsam. Grimm beschreibt zudem eine breite Palette an Gefahren, denen kein Leser entkommt. Etwa: Wie gefährlich ist das Essen in der Kantine? Wie sicher sind Bioäpfel aus China? Was steckt im Kraftfutter der Schweine, die als Schnitzel auf dem Teller landen? Wie qualitätsvoll ist die Verpflegung an Bord meines Urlaubsfliegers? Was ist in meinem Pesto wirklich drinnen?

Die Risken ständig vor Augen wünscht man sich als Leser, der Autor wäre mehr auf mögliche Auswege eingegangen. Wie kann man sich sicher ernähren? Klar, bei Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten und beim Kauf vom Bauern auf dem Markt ist man auf der relativ sicheren Seite, allerdings stehen diese Möglichkeiten nur wenigen offen. th

„Tödliche Hamburger – Wie die Globalisierung der Nahrung unsere Gesundheit bedroht“, Verlag Hirzel, 174 Seiten, 26 €.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.08.2010)

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