Tausch: Muskeln gegen Gehirn

kreuz und quer 'Schimpansen sind auch Menschen'
kreuz und quer 'Schimpansen sind auch Menschen'(c) ORF
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Endlich ist ein molekularer Unterschied zwischen Mensch und Schimpanse gefunden, in der Verteilung der Energie an Gewebe.

Bei aller Hochachtung für unsere Cousins, die Schimpansen, die vieles können, was wir können, Werkzeuge gebrauchen etwa und sogar herstellen – kognitiv können sie uns doch nicht das Wasser reichen, Menschen waren auf dem Mond, Schimpansen sind in ihren Wäldern geblieben!

Aber warum, wo liegt die Differenz und wie kam sie zustande? An der Antwort ist selbst unsere Kognition bisher gescheitert: Über das ganze Genom hinweg sind die Differenzen marginal, auch bei einzelnen Genen hat sich kaum etwas gefunden: Wir haben eine besondere Variante von Foxp2, sie wird mit der Sprache und dem Sprechen in Verbindung gebracht, und wir haben eine Variante von Myh16, das ist ein Gen der Kaumuskulatur, das bei uns schwächer ausgebildet ist, das gibt die Freiheit zum Reden.

Großer Unterschied im Metabolom

Zudem gibt es noch Kandidaten in jenem überwiegenden Teil des Genoms, das nicht für die Produktion von Proteinen zuständig ist, aber wirklich etwas gefunden hat man nicht, vor allem dort nicht, wo der Unterschied so eklatant ist, in den Gehirnen: Die der Schimpansen haben 450 Kubikzentimeter Volumen, unsere haben dreimal so viel (mit hohen Schwankungsbreiten zwischen Individuen). Dort gibt es, außer eben der Variante von Foxp2, keine Differenz, auch nicht in der Geschwindigkeit der Evolution der Genome, unseres hat sich nicht rascher entwickelt als ihres.

Deshalb hat Joseph Call (MPI Evolutionäre Anthropologie, Leipzig) eine neue Suche eingeschlagen: Er hat das Metabolom analysiert, es gibt Auskunft darüber, was im Stoffwechsel der Zellen wie rasch umgesetzt wird, analysiert wurden verschiedene Gewebe von Mäusen, Makaken, Schimpansen und Menschen. Da zeigte sich eine Differenz: Die Metabolome von Mäusen, Makaken und Schimpansen sind so verschieden wie ihre Genome. Unseres aber zeigt starke Abweichungen vor allem in zwei Geweben, dem Gehirn und den Muskeln(PLoS Biology, 27.5.). Ersteres ist stark, letztere sind schwach, das hat Call in eher handgestrickten Zusatzexperimenten gezeigt: Jeder Schimpanse hat mehr Kraft in Armen und Beinen als durchtrainierte Sportler.

Es geht also um eine andere Verteilung der Energie, etwas Ähnliches kennt man schon, mit dem Wachstum unseres Gehirns ging eine Verkürzung des Darms einher. Nun muss nur noch geklärt werden, was hinter den Metabolomen steckt bzw. wie die Verteilung der Energie gesteuert wird. (jl)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.05.2014)

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