Macht der Mond, wenn er voll ist, die Menschen verrückt?

Macht Mond wenn voll
Macht Mond wenn voll(c) www.BilderBox.com (www.BilderBox.com)
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Erstmals hat sich gezeigt, dass der Vollmond doch Einfluss auf unser Wohlergehen hat: Er stört den Schlaf.

Wenn man in Wien kurz vor Vollmond mit dem Auto unterwegs ist, dann fahren alle (anderen) noch aggressiver als sonst. Doch, das ist möglich. Es passieren aber nicht mehr Unfälle, die Statistik weist es seit Jahrzehnten aus, und die Mord- und Selbstmordraten steigen auch nicht, der Mond hat keinen Einfluss auf unser Verhalten und die geistige Gesundheit. Wie sollte er auch? Er macht nur hell – sehr: Bei Vollmond ist 250-mal so viel Licht am Himmel wie bei Neumond –, und daran mag es liegen, dass der volle Mond Einfluss auf viele Kulturen hatte. Vor der Elektrifizierung war dann Zeit bzw. Licht für nächtliche Aktivitäten, man konnte etwa zur Kirche schreiten: Der Ostersonntag ist der erste Sonntag nach dem Frühlingsvollmond, so wollte es das Konzil von Nicäa. Natürlich beeinflusst der Mond auch die Natur, etwa mit dem täglichen Rhythmus, mit dem er um die Erde zieht und alle 12,8 Stunden an den Küsten für Gezeitenwandel sorgt, daran haben sich viele Pflanzen und Tiere angepasst. Und manche Menschen vermuteten, dass die Gravitation auch auf uns wirkt – wir bestehen zu fast 80 Prozent aus Wasser –, und dass daher ein Einfluss des Vollmonds möglich sei. Aber die Gravitation der nächstgelegenen Hauswand ist größer, und der Mond ändert ohnehin nur sein Licht, nicht seine Masse.

Heureka bei Vollmond an der Bar!

So haben wir uns an viele Zyklen der Natur angepasst (etwa den des Tages) und innere Uhren dafür entwickelt („circadian clock“), aber den guten Mond lassen wir stille kommen und gehen – alle 29,5 Tage – und uns nicht weiter von ihm stören. So dachte man auch bei den Chronobiologen der Uni Basel um Christian Cajochen, als man vor Jahren Testpersonen für dreieinhalb Tage ins Labor bat und die Schlafmuster analysierte.

Dass in der Kunstnacht des Labors der Mond mitspielen könnte, auf die Idee kam keiner, das fiel den Forschern erst viel später ein – „an einem Abend bei Vollmond in einer Bar“ –, sie gingen die alten Daten noch einmal durch (Current Biology, 25.7.): Vollmond verkürzt die Schlafdauer um 20 Minuten, er verschiebt die Schlafmuster – der tiefe Schlaf geht um 30 Prozent zurück –, er verändert die Ausschüttung des schlafregelnden Neurotransmitters Melatonin. Das bleibt nicht spurlos: Die Testpersonen fühlten sich schlechter ausgeschlafen, und hier könnten doch Verbindungen zum geistigen Wohlergehen liegen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.07.2013)

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