Jihad-"Heimkehrer" aus Syrien schwer einschätzbar

57 Kämpfer aus Österreich halten sich derzeit laut Verfassungsschutz in Syrien auf.
57 Kämpfer aus Österreich halten sich derzeit laut Verfassungsschutz in Syrien auf.(c) EPA/MOHAMMED SABER/Archivbild
  • Drucken

Syrien-Rückkehrer bereiten dem Verfassungsschutz Sorgen. Konkrete Hinweise auf einen Terroranschlag gibt es jedoch nicht.

Das Bürgerkriegsland Syrien ist bei ausländischen Jihadisten gegenwärtig beliebt wie nie zuvor. Im Norden des Landes soll es mittlerweile sogar ein "German Camp" für deutschsprachige Extremisten geben, wie der "Spiegel" in seiner aktuellen Ausgabe unter Verweis auf Geheimdienstquellen berichtet. Von jenen 57 Kämpfern aus Österreich, die sich gegenwärtig in Syrien aufhalten, machte dort aber wohl nur ein Teil Station. Gut die Hälfte von ihnen hat nämlich tschetschenische Wurzeln und untersteht eigenen, tschetschenischen Kommandos. In welcher Einheit sie auch immer kämpfen, Sorgen bereiten sie dem österreichischen Verfassungsschutz vor allem, wenn sie wieder nach Hause zurückkehren - wo die islamistische Szene stetig wächst.

Diese Rückkehrer könnten einerseits eine "logistische und kommunikative Brückenfunktion [...] für die Entsendung neu angeworbener Personen" einnehmen. Andererseits seien sie eine "direkte Bedrohung für die innere Sicherheit", sollten sie "ihr Wissen und ihre Erfahrung für die Vorbereitung und Durchführung eines terroristischen Anschlages im Heimatland nutzen", heißt es im aktuellen Verfassungsschutzbericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT).

Zwei bis drei Jahre, um Informationen zu bekommen

Zehn solche Rückkehrer sind dem BVT gegenwärtig bekannt. Alle wurden bei der Staatsanwaltschaft angezeigt, keinem von ihnen konnte jedoch eine strafbare Handlung nachgewiesen werden, die Ermittlungen wurden eingestellt. Aus Erfahrungen etwa mit Afghanistan-Heimkehrern wisse man, dass dies erst zwei bis drei Jahre später gelingen könne, wenn genügend Informationen vorlägen, um gezielte Befragungen durchzuführen, heißt es aus Sicherheitskreisen. Da die österreichischen Nachrichtendienste gegenwärtig nicht in Syrien präsent sind, stammen diese Informationen von westlicher Seite vorwiegend von den USA, Frankreich, Großbritannien, aber auch von Deutschland.

In der Zwischenzeit setzen die Behörden daher auf die sogenannte erweiterte Gefahrenforschung. Seit der Novelle des Sicherheitspolizeigesetzes 2011 ist sie auch für Einzelpersonen möglich und erlaubt eine Beobachtung für maximal neun Monate. Liegen danach keine strafrechtlich relevanten Informationen vor, müssen die erhobenen Daten wieder gelöscht werden. Im Vorfeld ist zwar eine Genehmigung durch den Rechtsschutzbeauftragen im Innenministerium notwendig, nicht jedoch durch einen Richter, da es sich um kein Strafverfahren handelt.

Zehn radikale Gruppierungen unter Beobachtung

Neben den Syrien-Rückkehrern stehen zur Zeit auch mehr als zehn mit dem radikalen Islam in Verbindung stehende Gruppierungen unter Beobachtung. Der Großteil von ihnen befindet sich in Ostösterreich. Insgesamt geht man von 500 bis 1000 "radikalisierten Personen" in ganz Österreich aus. Nicht immer stehen diese mit Moscheen und Gebetsräumen in Verbindung - lediglich "eine Handvoll Moscheen" würden als "Orte der Radikalisierung" dienen, heißt es aus Kreisen von Nachrichtendiensten. Daneben spiele auch die Selbstradikalisierung über Soziale Netzwerke oder Online-Foren eine immer größere Rolle.

Konkrete Hinweise auf einen möglichen Terroranschlag auf österreichischem Boden hat der Verfassungsschutz aber weder in den vergangenen Jahren noch heute. Auch eine ähnlich "schillernde" Figur wie der Austro-Islamist Mohammed M. ist vorerst nicht in Sicht. Der 28-Jährige rief in Drohvideos immer wieder medienwirksam zum Jihad auf, verbrannte zuletzt sogar seinen österreichischen Pass und drohte mit Terroranschlägen gegen die Regierung, bevor er in der Türkei festgenommen wurde.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Islamismus; jihadistisch; Jihadisten; Verfassungsschutz; BVT; Staatsfeind; Terrorismusbekämpfung; Terrrorismus
Österreich

Verfassungsschutz: Immer mehr Staatsfeinde im Visier

Besondere Ermittlungsmaßnahmen gegen Jihadisten sowie rechts- und linksextreme Gruppen stiegen von 2011 auf 2012 um fast 50 Prozent. Die Prognose für heuer sieht ganz ähnlich aus.
Vehicles drive past a flag of the al-Qaeda linked Islamic State of Iraq and the Levant, at the entrance to Raqqa
Außenpolitik

Syrien: Die Gotteskrieger gewinnen an Boden

Der al-Qaida-Ableger ISIS erobert Gebiete im Norden und Osten. Andere Rebellengruppen werden von der Versorgung abgeschnitten.
Symbolbild Syrien
Wien

Die Salafisten aus Wien Favoriten

Fünf umstrittene Prediger luden Samstag zu einer "Benefizveranstaltung" für Syrien. Kritiker vermuten dahinter Finanzierung von Extremisten. Die Veranstalter weisen das zurück.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.