Breitling: Unterwegs zu einer neuen Galaxie

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Pünktlich zum 125. Geburtstag stellt Breitling sein neues, eigenständig konstruiertes und gefertigtes Chronografenkaliber "B01" vor.

Jene Uhrenhersteller, die ein in großen Stückzahlen gefertigtes Chronografenkaliber ihr Eigen nennen ­dürfen, sind de facto ein exklusiver Klub. Man muss klar zwischen der Herstellung einer Klein­serie oder eben einer Serien­fertigung von 50.000 Stück und mehr unterscheiden. Breitling ist ein Erzeuger, der ­seine Uhrwerke bis dato zugekauft hat; vornehmlich von ETA das „Valjoux 7750“ und „2894-2“. Mit dem Zukauf ­allein wollte man sich jedoch nicht begnügen, also setzte man die Strategie „100 Prozent Chronometer“ um. Jedes von Breitling in ein Gehäuse eingeschaltes Uhrwerk – mechanisch oder quarzgesteuert – sollte den rigiden Prüfzyklus der Contrôle Officiel ­Suisse des Chronomètres (COSC) bestehen. Neben unzähligen Kontrollen der zugelieferten Bauteile und fertigmontierten Werke wird besonderes Augenmerk auf die Qualität der Hemmung und der Feder des Federhauses gelegt.

Letztere wird gar auf einer eigens dafür entwickelten, vollautomatischen Prüfstraße exakt eingemessen. Zur Leistungs­optimierung können die Uhrmacher mit modernsten Geräten, die das Trägheitsmoment der Unruh sowie das Drehmoment jeder Spiralfeder individuell messen („zählen“), die richtige Unruh der richtigen Spiralfeder zuordnen.

Die Summe aller Anstrengungen brachte naturgemäß den gewünschten Erfolg, heute darf sich jeder Zeitmesser des Hauses stolz „offiziell geprüfter Chronometer“ nennen. Angesichts des Aufwands stellte sich das Management die Frage, ob man nicht gleich ein ­eigenes Kaliber fertigen sollte. Die Entscheidung reifte und schließlich folgte im Jahr 2004 der Startschuss. Unter größter Geheimhaltung wurde in Genf, in der Nähe des Flughafens, ein kleines Büro für die Entwicklung und Konstruktion namens „PFI“ eingerichtet. Die drei Buchstaben standen für „Professional Flight Instruments“, jedoch mutierten sie schnell in „Performant Fiable Intelligent“. Drei Forderungen übrigens, die im Pflichtenheft des Kalibers ganz oben standen.

Breitling wollte ein leistungsfähiges, zuverlässiges und intelligent aufgebautes Uhrwerk entwickeln. Weniger bedeutete in dem Fall mehr, und das ist die hohe Kunst bei der Konstruktion dieser Motoren. Breitling-Vizepräsident Jean-Paul Girardin zum „Uhrenjournal“: „Es beginnt ein langer, schwieriger Weg, auf dem es gilt, einfachste Lösungen zu finden, die aus so wenigen Bestandteilen wie möglich oder aus mühelos zu fertigenden Komponenten bestehen. Das ist die einzige Garantie für authentische Zuverlässigkeit in gro-ßem Maßstab.“

Serienmäßige Präzision. Im Frühjahr 2005 stand die gesamte ­Werk­architektur, man nahm erste Kontakte zu den Komponentenlieferanten auf, holte unter dem Siegel der Verschwiegenheit erste Offerte ein. Zu Beginn des Jahres 2006 trafen ­erste Bestandteile ein, man konnte endlich Dutzende voll funktionstüchtige Werke montieren und mit den Qualitätstests starten. Hierbei wurden die Prüflinge extrem malträtiert und dabei laufend weiterentwickelt. Diese Verbesserungen flossen sofort in das nächste Dutzend ein, und so weiter. Ende 2006 unterbreitete Breitling der COSC
erste Uhrwerke zur Prüfung, und zur Kontrolle des Langzeitverhaltens wurden ­einige Kaliber dem gnadenlosen Verschleißtest „Chrono-fiable“ unterzogen. Als ­ihre Aufgabe grundsätzlich erfüllt war, wurde Anfang 2007 das Büro „PFI“ offiziell in „Breitling Technologie SA“ umbe-nannt, und ein größerer Kreis begann zu erahnen, was Breitling ­eigentlich im Schilde führte.

Erinnern wir uns zurück, auch wir im „Uhrenjournal“ hatten damals längst Andeutungen gemacht. Das neue Kaliber „B01“ ist ein Schaltradchronograf mit vertikaler Kupplung, beidseitig aufziehendem Rotor, die Gangreserve beträgt zumindest 70 Stunden, die Unruh mit Flachspirale oszilliert mit 28.800 Halbschwingungen pro Stunde, ihr Trägheits­moment misst zwölf mg/cm². Jean-Paul Girardin: „Eine konstruktive Besonderheit möchte ich gern hervorheben, und zwar das Selbstzentrierungs­system für die Herzhebel für die Nullstellung der Zähler. Diese patentierte und raf­finierte Vorrichtung erübrigt die üblichen Retuschen oder Feinstellungen, die Uhrmacher bis dahin an jedem Werk vornehmen mussten. Das nenne ich serienmäßige Präzision, und das mit einem Minimum an Eingriffen.“ Weiters darf man sich an einer augenblicklichen, exakt um Mitternacht schaltenden Datumsschaltung erfreuen und an dem Umstand, dass das Datum zu jeder Uhrzeit verstellt werden darf.

Hochkomplexe Software. Das Uhrwerk ist vor Fehlbedienung geschützt. Wollte man zum Beispiel den Chronografen mit Gewalt auf null stellen, bevor man ihn angehalten hat, so geht das nicht. Auf die Verwendung zurzeit noch exotisch anmutender Materialien wie ­Silizium und Ähnlichem wurde ganz bewusst verzichtet. Jean-Paul Girardin: „Ja, wir haben de facto ein Uhrwerk ohne fragwürdige Exotik gebaut.“

Bei der industriellen Fertigung indes setzt Breitling neue Maßstäbe. Man schielte weit über den Tellerrand hinaus und adaptierte ein für die Medizin sowie ein für ­weitere Spitzensektoren entwickeltes Hightech-Fließbandkonzept. Jean-Paul Girardin: „Eine hochkomplexe Software dirigiert jede einzelne ,Einheit‘ während der Analysen oder Fertigung ­automatisch an die für sie vorgesehene Stelle, und das ohne un­nötige Leerzeiten und unter Einhaltung ­einer einwandfreien Weiterverarbeitungszeit.“ Bereits im Jahr 2006 nimmt die Breitling „Chronométrie 2“ ihren Betrieb auf. Diese Abteilung hat den Auftrag, die Automatisierungsmethode des künftigen Kalibers „B01“ zu konzipieren und auf die Beine zu stellen.

Debüt in Basel. Im Frühjahr 2008 installierte die „Chronométrie 2“ schrittweise den für den Produk-
tionsbeginn erforderlichen Ausrüstungs- und Maschinenpark. Im Juli 2008 startete man den Hightech-Fließbandprobebetrieb und ab Herbst 2008 arbeitete die gesamte Produktion bereits auf Hochtouren.

Bis Frühjahr 2009 waren mehr als 1500 Stück „B01“ gefertigt, eingeschalt und bereit für den Versand an die Weltmärkte. Das Kaliber debütierte dann offiziell an der Messe in Basel. Jean-Paul Girardin: „Es liegt auf der Hand, dass eine Marke, die bei der technischen Entwicklung des Chronografen eine wesentliche Rolle gespielt hat, die dem Armbandchronografen ein modernes Gesicht verliehen hat und die zu den Leadern im Bereich der Zeitmessung gehört, ihren eigenen, maßgeschneiderten Motor fertigt.“

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